Die Zielerreichung sei “insgesamt unwahrscheinlich”, zitierten “Der Standard” und das Ö1-Morgenjournal des ORF einen Rohbericht des RH. Zu wenig umgesetzte Maßnahmen kritisiert auch das Umweltbundesamt.
Schon Ende März war bekanntgeworden, dass der Rechnungshof-Rohbericht zur Klimapolitik kein gutes Haar an der heimischen Verkehrspolitik lässt. Aber auch im Wohnbau liegen nach Ansicht der Prüfer einige Übel: Dabei hätten vor allem die Länder, bei denen unter anderem die Kompetenz für die Wohnbauförderung liegt, Nachholbedarf. Die Sanierung alter Bausubstanz, bei der massive Energieeinsparungen erzielt werden könnten, gehe mit einer Sanierungsrate von nur bei einem Prozent zäh voran, “bedeutende Emissionsreduktionen können nach Ansicht des RH jedoch nur durch Maßnahmen der Länder im Bereich der Sanierung des Gebäudebestands erreicht werden”.
Eine Änderung ist nicht in Sicht, schreibt der Rechnungshof: “Über die – wegen gestiegener Emissionen erforderliche – Anpassung der Klimastrategie 2007 konnte noch kein Konsens mit den Ländern erzielt werden (…) Aus Wohnbaufördermitteln in Höhe von 2,63 Mrd. Euro wurden 2006 nur 0,35 Mrd. Euro zur Reduktion des Raumwärmebedarfs im Wege der thermo-energetischen Sanierung eingesetzt (…) Für eine Erhöhung des Mitteleinsatzes für die thermo-energetische Sanierung auf 1 Mrd. Euro lag im Dezember 2007 keine Zustimmung der Länder vor.”
Auch die drohenden Strafzahlungen bei Nichterreichen des Kyoto-Ziels kommen zur Sprache: Auf EU-Ebene werde es neben den Verpflichtungen auf UNO-Ebene schon 2010 zu “erhöhtem Rechtfertigungsbedarf” kommen. Bei einem Vertragsverletzungsverfahren würden Milliardenzahlungen drohen. In einer Fußnote des Berichts werden 100 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent als Berechnungsgrundlage herangezogen. Bei einer angenommenen Zielverfehlung von zehn Millionen Tonnen müsste eine Milliarde Euro an Strafe gezahlt werden.
Insgesamt beurteilt der Rechnungshof die Klimastrategie der Bundesregierung kritisch: Nachdem sich gezeigt hatte, dass die Klimastrategie aus dem Jahr 2002 schon zu diesem Zeitpunkt teilweise überholt war und in der Folge auch nicht die gewünschte Trendumkehr bei den Emissionen gebracht hat, wurden die Ansätze 2007 “bei gleichzeitiger Erhöhung der zulässigen Emissionsvolumina” weitergeführt: “Daraus lässt sich für den RH ableiten, dass die Zielerreichung unter Fortsetzung des derzeit eingeschlagenen Weges insgesamt unwahrscheinlich ist.”
Auch das Umweltbundesamt schlägt in seinen am Montag veröffentlichten Klimaschutzbericht 2008 sehr kritische Töne an: Von den in der Klimastrategie vorgesehenen Maßnahmen der einzelnen Verursachergruppen, waren bis Ende 2007 “fast zwei Drittel nur in Teilaspekten oder nicht umgesetzt”, erläuterte der Geschäftsführer des Umweltbundesamtes, Georg Rebernig, in einer Aussendung. Laut den jüngsten verfügbaren Daten liegt Österreich mit Treibhausgasausstößen in Höhe von 91,1 Mio. Tonnen um 23,3 Mio. Tonnen über dem Kyoto-Ziel.
Vernichtend fällt das Urteil im europäischen Vergleich aus: “Beim Fortschritt zur Erreichung des Kyoto-Ziels bzw. bei der Abweichung vom Kyoto-Zielpfad befindet sich Österreich im Vergleich zu den anderen europäischen Mitgliedstaaten an zweitletzter Stelle”, so das Umweltbundesamt. Die Emissionen der neuen Mitgliedstaaten sowie der EU-15-Staaten Schweden, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Niederlande lagen 2005 dagegen unter dem Zielpfad. Ein wichtiger Grund dafür war laut Umweltbundesamt die Effizienzsteigerung bei der Strom- und Wärmeerzeugung.
Der Umweltminister will seine Vorschläge über “klare gesetzliche Verantwortlichkeiten und auch spürbare Konsequenzen” am bevorstehenden Klimagipfel diskutieren. “Wenn wir Klimaschutz ernst nehmen, dann ist die Zeit der unverbindlichen Absichtserklärungen vorbei. Beim bevorstehenden Klimagipfel will ich daher auch über klare gesetzlich vorgeschriebene Verantwortlichkeiten und auch über spürbarer Konsequenzen diskutieren.”
Ein Jahr nach dem ersten Klimagipfel ist Pröllls Bilanz jedenfalls ernüchternd: “Wir haben viele schöne Worte gehört, aber die Zahlen zeigen: in wesentlichen Verantwortungsbereichen hat es kaum Taten gegeben.”
Der Umweltminister hat sich auch ein Rechtsgutachten über die Kompetenzverteilung im Klimaschutz erstellen lassen. Dieses kommt zum Schluss, dass eine “ausgeprägte Kompetenzzersplitterung” gegeben sei und die Verantwortung auf eine Vielzahl von Einzelzuständigkeiten zwischen Bund und Länder verteilt ist. Pröll: “Auch wenn diese Zersplitterung konkrete Maßnahmen zuließe, zeigt sich in der Praxis, dass manche Klimapolitik offenkundig nicht im ausreichenden Maße ernst nehmen. Ich möchte daher im Vorfeld des Klimagipfels die Diskussion über ein Bundesklimaschutzgesetz eröffnen.”