Und ein Satzgefüge? Neugierig blickt Brigitte Tielsch den Prüfling an. Viele Jahre hat sie die Volksschule Levis geleitet. Heute unterrichtet sie Erwachsene, die ihren Hauptschulabschluss nachholen. So wie Luzia Batruel. Geboren 1964, in Schruns. Ausbildung? Eigentlich keine. Sie hat seinerzeit aus privaten Gründen die Hauptschule abgebrochen. Was danach kam, hört sich an wie eine Odyssee.
Bis in die USA
Kindermädchen im schweizerischen Rebstein, zwei Monate Haushaltungsschule in Rorschach, Zimmermädchen, Küchenhilfe, Bedienung. Nirgends litt es sie lang. Einmal, da war sie in Lugano, im Hotel. Ein Ehepaar wies ihr den Weg als Aupair nach Amerika. Wow, denkt man sich, ohne Hauptschulabschluss nach New York! Sieben Jahre war sie da. Hat Hochs und Tiefs erlebt. Stand nach einem Einbruch in ihre Wohnung wieder bei Null. Nein, so lässig war das nicht.
Zurück auf Schulbank
Zuletzt hat Luzia Batruel in der Pflege gearbeitet, bis sie an die Qualifikationsgrenze stieß. Ich hätte in die Wäscherei wechseln sollen, weil ich halt ungelernt bin. Das gab den Ausschlag. So saß sie im September 2007 wieder in einer Schulklasse. Mit 16 anderen. Insgesamt beschritten heuer 32 Vorarlberger zwischen 16 und 45 diesen Weg, den die Volkshochschule Götzis zusammen mit der Jugendberatungsstelle Mühletor 1996 eröffnet hat: In einem Jahr zum Pflichtschulabschluss. Und, was war das für ein Gefühl? Ich bin meinen alten Schulängsten entgegengetreten. Fünf Tage die Woche hat Luzia gelernt, wovor sie als Jugendliche davon gelaufen war. Hätte über Weihnachten am liebsten alles hingeschmissen. Hat aber beim Institut für Sozialdienste so viel Hilfe erfahren, dass sies geschafft hat. Endlich. Heute kriegt sie ihr Zeugnis. Dankbar nimmt sie es entgegen, dankbar dafür, dass ich das machen durfte.