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Calexico finden zu alter Form zurück

Sie sind die wohl bekannteste Abspaltung der Pop­ge­schich­te: Joey Burns und John Convertino verließen Ende der 90er das Wüstenrock-Flaggschiff Giant Sand, um fortan als Calexico zu firmieren.

Weg fiel dabei der von Giant Sand bekannte Ansatz, Songteile eher zu skizzieren und anzureißen, denn perfekt auszuformulieren; geblieben ist der Sound, zu dem die bemühte, aber eben hier passende Wortkombination “Wüstenrock” passt.



Auf der neuen, mittlerweile fünften CD “Carried To Dust” (City Slang/Universal) greift die Beschreibung wieder besser als auf dem vorangegangenen Album, das durch teils krude Hardrock-Anleihen aus der Reihe fiel. Aber trifft nun der Begriff “Wüstenrock” zu? Hat die Musik tatsächlich mit der Umgebung zu tun, in der sie entsteht? Joey Burns, wohnhaft in Arizona, sagt im AP-Interview: “Es stimmt schon. Wenn ich nicht in Arizona wohnen würde, könnte ich diese Musik so nicht machen. Aber ich könnte sie auch so nicht machen, wenn ich nicht immer wieder unterwegs wäre. Die größten Eindrücke und Inspirationen gewinnt man doch abseits von Zuhause.”



Dass die Inspirationen aus aller Welt zu Calexico gekommen sind, hört man “Carried To Dust” durchaus an: Die Platte durchweht der Wind von Weltmusik, auch wenn die gewohnte Kombination aus flirrenden Folk-Einflüssen, Morricone-Gitarren, Mariachi-Trompeten und zu Herzen gehenden Lagerfeuer-Melodien nur kaum merklich um spanische Texte (“Inspiracion”, gesungen von Trompeter Jacob Valenzuela, romantisierende Streicherarrangements (“News About William”) oder New-Wave-Blues-Anleihen a la Nick Cave erweitert wurde. Doch es ist ein ungewöhnlicher Rhythmus da, eine Klangfarbe hier, die das Album zu etwas speziellem machen, auch in der Geschichte von Calexico. “Ein kanadischer Journalist, der das Album vorab gehört hatte, sagte über ‘Carried To Dust’, es sei die Kristallisation von allem, was Calexico ausmacht”, erzählt Burns: “Dem kann ich nur zustimmen.”



Für die Aufnahmen kehrten Calexico wieder zurück in das heimische Tucson. Der Ausflug zu anderen Produzenten hat ihrer Musik offenbar nicht gut getan, insgesamt geriet das Vorgängeralbum zu rockig und unentschlossen. Jetzt konnten es sich Burns, Convertino und Co. wieder bei der Studioarbeit so gemütlich machen, wie sie es schätzen und wie es auch ihren Klängen gut tut. Joey Burns: “Wir üben nicht gerne zu Hause und spielen unsere Songs wieder und wieder durch. Wir nutzen gern das Studio als Instrument zum Entwickeln unserer Ideen und arbeiten dort unsere Kompositionen nach und nach aus.”



Auch auf die Texte haben Calexico diesmal viel Wert gelegt. Entstanden sind poetische Miniaturen, die von einer gefolterten und ermordeten Ikone des Sozialismus erzählen (“Victor Jara’s Hands”), von urbanen Verlierern (“Red Blossoms”) und manchmal sogar die US-Short-Story zur musikalisch untermalten Perfektion bringen (“Writer’s Minor Holyday”). Calexico sind eine Band, die sich Gedanken macht. Was Joey Burns nicht für ungewöhnlich hält: “Wenn man unterwegs ist, trifft man immer wieder Leute, die einen dazu bringen, sich politisch seine Gedanken zu machen. Und wenn ich zu Hause bin, realisiere ich immer wieder, wie wichtig ein intaktes Verhältnis zu unserer Umwelt ist. Wir in Arizona sind einfach mehr von Natur umgeben als anderswo in der westlichen Welt.”



Am 21. Oktober spielt Calexico gemeinsam mit Lambchop in der Wiener Bank Austria Halle im Gasometer.

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