Der Wiener Rapper Kamp und der Produzent Whizz Vienna wollten sich mit ihrem Album “Versager ohne Zukunft” (VOZ) ein persönliches Denkmal setzen. Das Album haben sie laut eigener Aussage -primär für sich selbst und einen kleinen Kreis an Hip-Hop-Liebhabern gemacht. Dass sie mit ihrer Platte bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin am 27. Februar so viel positive Kritik – auch aus dem Ausland – bekommen, hat sie selbst überrascht. Im bz-Interview sprechen sie über das Scheitern, das Musikgeschäft in Österreich und klären Hip-Hop Klischees auf.
Viele, die an Hip-Hop denken, denken an halbnackte Frauen, Goldschmuck und teure Autos. Ein Klischee mit dem ihr euch anfreundet?
Kamp: Nein, aber das können wir nicht ändern.
Whizz Vienna: Wenn wir ein Video machen würden, dann sicher ohne wackelnde Hinterteile und blanke Brüste.
Kamp: Ja, denn wir sind Frauenversteher (lacht).
Was können die Leute von eurem Album erwarten?
Kamp: Dem Titel entsprechend nichts, außer schlechte Verkaufszahlen. Dafür aber geile Beats und fette Raps. Das Album repräsentiert die österreichische Mentalität: sich selbst schlecht machen und sudern obwohl in Wirklichkeit alles okay ist. Genau so ist das auch mit unserem Album – denn natürlich finden wir es super.
Eine euren Leidenschaften scheint das Tiefstapeln zu sein?
Kamp: Ja, so kann man nichts verlieren und es gibt keine Erwartungen, die zu erfüllen sind – das ist eine angenehme Ausgangsposition.
Wenn man medial so viele Vorschusslorbeeren erhält, was hat das dann noch mit Versagen” zu tun?
Whizz Vienna: Ich bin 30 und habe im Endeffekt nicht viel erreicht. Eigentlich bin nur ich der Versager von uns beiden.
Kamp: Blödsinn. Ich studiere erfolglos, habe keinen Job und kann nichts vorweisen, worauf ich wirklich stolz sein kann, außer dieses Rap-Zeug.
Gehört das Verlierer-Image mit Alkoholproblemen, das ihr gern beansprucht, in eurem Umfeld einfach dazu?
Kamp: Man muss alles ein bißchen überspitzt darstellen. Wir wollen nicht als Sandler gelten, aber wir wollen als das gesehen werden, was wir sind: exzessive Lebensmenschen.
Wie arbeitet ihr zusammen?
Whizz Vienna: Wir kennen uns lange und waren immer in ähnlichen Lebensphasen, in denen es einem mal schlechter und mal besser geht. Meist geht es uns schlechter, was für die Musik besser ist. Ein glücklicher Rapper ist kein guter Rapper. Und ein glücklicher Produzent ist kein guter Produzent. Unsere Musik ist aus Leid und Schmerz entstanden.
Die Texte auf dem Album sind sehr persönlich. Stört es dich nicht, dass die Leute so viel von Dir wissen?
Kamp: Was soll man mir tun? Ehrlichkeit ist die beste Waffe. Wenn mich die Leute schief anschauen, ist mir das egal. Jeder hat seine Leichen im Keller und ist auf irgendeine Art kaputt.
Du hast einmal gesagt, das Geschäft sei gehässig?
Whizz Vienna: Der Neid in Österreich ist groß. Ich habe Kamp als Rap-Wunderkind kennengelernt. Ich habe ihn gehasst, weil er besser war als ich. Und darum geht es im Hip-Hop: Besser zu sein als der andere. Wenn du gut bist, bist Du ein Hassobjekt.
Kamp: Aber so sind wir nicht.
Whizz Vienna: Wir machen das nicht mehr, um uns mit jemanden zu messen oder für Frauen und Geld – das haben wir erfolglos vor zehn Jahren gemacht – wir machen Musik, weil wir es wollen.
Wünscht ihr euch nicht mit eurer Musik kommerziell erfolgreich zu sein?
Whizz Vienna: Es kommt derAugenblick, wo man realisiert, dass man nicht davon, sondern nur dafür leben kann. Die Leute, die trotzdem weitermachen, sind diejenigen, die Musik lieben.
Habt ihr euer Album selbst finanziert?
Kamp: Für eine staatliche Förderung müsste man schon einen Grammy gewinnen. Das Wichtigste, um eine Förderung zu bekommen, ist der potentielle wirtschaftliche Erfolg eines Projekts. Oder auch, etwas Neues zu verkaufen – aber nur dann, wenn man schon bekannt ist. Das ist ein Widerspruch: Jene sollten gefördert werden, die am Anfang stehen.
Whizz Vienna: So bekommt ein Willi Restarits eine Förderung, um die wir auch angesucht haben und wir gehen leer aus.
Du hast lange in Ottakring gewohnt?
Whizz Vienna: Ich bin froh weg zu sein, aber das liegt nicht am Bezirk. Ich habe bei der Einfahrt des Wilhelminenspitals gewohnt und konnte ständig das Blaulicht leuchten sehen – wie in einer Disco.
Interview: Monika Kickenweiz
Infos: www.whizzvienna.com