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Sprache in Ex-Yu: Die Nöte der Übersetzer

Mit dem Entstehen neuer Nationalstaaten und der Identitätssuche über eine eigene Sprache sei es für ihren Beruf deutlich komplizierter geworden. Davon berichteten Übersetzer aus dem ehemaligen Jugoslawien bei der soeben in Leipzig stattfindenden Buchmesse.

Dazu gehöre etwa das Vermeiden kroatischer Ausdrücke in der Literatur sowie die Verwendung der kyrillischen Schrift in Serbien, sagte etwa der Übersetzer Nebojsa Barac. Allerdings diene das Kyrillische dem Erhalten der Tradition und nicht allein dazu, die nationale Eigenheit zu stärken, schränkte er ein.

“In unserem Verlag haben wir uns für die Lateinschrift entschieden, weil die Bücher auch in Kroatien gelesen werden und die Jungen angeblich Kyrillisch nicht so gerne lesen”, ergänzte der serbische Übersetzer. Laut Barac finde man in der geistig orientierten, kirchlichen und philosophischen Literatur kaum Werke in lateinischer Schrift. Das Verlagsprofil sei an der Verwendung einer der beiden Schriften erkennbar. Auch bestünde das politische Bestreben auf Verlage einzuwirken, auf Kyrillisch umzustellen.

Als komplizierter als in anderen Ländern bezeichnete Hana Stojic die Situation in Bosnien-Herzegowina aufgrund der drei Volksgruppen mit drei Staatssprachen. “Als es in den 70er Jahren zu kriseln anfing, wurde eine Kommission für das Bosnische nominiert. Das war der Grundstein für die neue Sprache”, sagte sie. “Seit der Eigenstaatlichkeit hat sich etwas geändert in der Aussprache, aber wenig.” Die eigene Sprache könne man aus den drei offiziellen aussuchen, Bosnier sei man lediglich durch den eigenen Pass. “Das Schlimme ist, wir haben jetzt keine Synonyme. Denn wenn man ein Wort wählt, hat man sich für eine Nationalität entschieden.” Lediglich in Sarajevo, das früher für Multikulturalität gestanden hatte, “hört man noch alles”, sagte Stojic. Doch auch das gehe zurück.

Außerdem würden die notwendigen Wörterbücher fehlen. Positiv vermerkte die bosnische Übersetzerin, dass heuer eine Kommission zum Ankauf von Büchern geschaffen worden sei. Oft kämen die Bücher “irgendwie ins Land, über Bestechung oder Ähnliches”.

Der Kroate Svjetlan Lacko-Vidulic sagte, er verspüre keinerlei Druck in sprachlicher Hinsicht. Nach anfänglicher Hysterie der national-konservativen Reformisten sei nun das Laissez-faire vorherrschend. Durch den fehlenden Kontakt zu den verwandten Sprachen verstünden die Jungen allerdings zunehmend Menschen der anderen Nationalitäten nicht.

Durch die neuen Grenzen ist es auch zu Veränderungen auf dem Buchmarkt der Länder Ex-Jugoslawiens gekommen: Bücher werden nicht importiert, sondern erscheinen in der jeweiligen Nationalsprache in den anderen Ländern oft Monate später. Lacko-Vidulic führt dies auf das nachwachsende Fehlen des Verständnisses bei den Jüngeren zurück, andererseits auf Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr. Schließlich seien eigenständige Medienmärkte entstanden, die man erobern müsse: “Wenn man im Land produziert, hat man den ganzen Apparat zur Verfügung”, sagte der kroatische Übersetzer. Präsenz auf den Buchmärkten allein helfe da nichts. Die serbische Übersetzerin Jelena Petrovic bemängelte, dass Lehrgänge für Übersetzer “wie etwa in Wien”, in der Heimat fehlten.

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