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Für Pristina und Belgrad läuft die Frist ab

Am Freitag läuft die Frist ab, innerhalb derer Belgrad und Pristina (Prishtina) dem Internationalen Gerichtshof (IGH) ihren Standpunkt zur einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo am 17. Februar 2008 übermitteln sollen. Weitere News Kosovo präsentiert auf 500 Seiten Gründe für UnabhängigkeitBelgrad äußert sich auf 1000 Seiten zur Unabhängigkeit Kosovos

Der jüngste Staat Europas wurde bis dato von 57 Staaten anerkannt. Belgrad lehnt die Unabhängigkeit ab.

Die serbischen und die kosovarischen Behörden legen ihre Argumente gegen und für die Unabhängigkeit ausführlich dar. Serbien hat seinem auf rund 350 Seiten verfassten Standpunkt Dokumente auf weiteren 600 Seiten beigelegt. Die Argumente und Unterlagen der kosovarischen Behörden umfassen rund 500 Seiten. Auch andere Staaten sind berechtigt, ihre Beiträge zu liefern.

Sollte das IGH-Rechtsgutachten, das für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres erwartet wird, ergeben, dass die Unabhängigkeit des Kosovo im Einklang mit dem Völkerrecht war, was Belgrad bestreitet, ist dies nach Meinung von Tibor Varadi, Mitglied des Belgrader Anwaltsteams, “kein großes Risiko”. “Sollte der IGH diesen Standpunkt vertreten, so würde man uns den Kosovo nicht erneut wegnehmen, da er seit 1999 in der Tat nicht mehr in der serbischen Verwaltung ist. Die Situation an Ort und Stelle würde sich daher nicht verändern”, sagte Varadi gegenüber der Tageszeitung “Politika” (Mittwoch-Ausgabe). Eine Entscheidung zugunsten Belgrads könnte nach Meinung des Völkerrechtsexperten jedoch die Tür für neue Verhandlungen öffnen.

In Belgrader Juristenkreisen geht man davon aus, dass das Rechtsgutachten nicht unbedingt eine klare Position vorgeben wird. Auch Varadi schloss nicht aus, dass die Einschätzung des Gerichts derart ausfallen könnte, dass sie von beiden Seiten unterschiedlich gedeutet wird. “Dadurch würde man jedoch die Gelegenheit verpassen, eine Rechtsfrage zu klären”, meinte Varadi.

Kosovarische Politiker, die eine für Pristina positive IGH-Bewertung erwarten, schließen eine eventuelle Alternative zum Vorschlag des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari, der im Februar 2007 eine “überwachte Unabhängigkeit” des Kosovo angeregt hatte, aus. Der Vorschlag Ahtisaaris sei eine Kompromisslösung und werde als solche umgesetzt, wurde Präsident Fatmir Sejdiu von der Presseagentur Kosovapress zitiert. Belgrad hatte den Vorschlag des UNO-Vermittlers abgelehnt. Im UNO-Sicherheitsrat wurde er von der Vetomacht Russland blockiert.

Laut serbischen Medienberichten stehen Russland, China, Aserbaidschan, Argentinien, Bolivien, Venezuela, Rumänien, Zypern, Spanien und die Slowakei in der Kosovo-Frage hinter Belgrad. Für die Unabhängigkeit des Kosovo dürften sich demnach die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Österreich, die Schweiz, Finnland, Dänemark und Slowenien einsetzen.

Die UNO-Vollversammlung hatte den IGH im Oktober auf Antrag Belgrads mit der Anfertigung des Rechtsgutachtens zum Kosovo beauftragt. Der IGH werde sich zum ersten Mal seit seiner Gründung 1945 dazu äußern, ob die Sezession eines Teils eines Staates im Einklang mit dem Völkerrecht gestanden sei, hielt die regierungsnahe Belgrader “Politika” fest. Zum ersten Mal dürfte in einem Verfahren vor dem IGH auch China auftreten.

Das Juristenteam Belgrads wird von dem Historiker Dusan Batakovic angeführt und umfasst unter anderem auch Völkerrechtsexperten aus Großbritannien, Italien und Deutschland, Malcolm Shaw, Marcelo Kohen und Andreas Zimmermann. Das Team Pristinas wird vom britischen Juristen und Balkan-Kenner Michael Wood geleitet. Der Völkerrechtsexperte war auch bei den Dayton-Friedensverhandlungen im November 1995 und der Kosovo-Konferenz in Rambouillet im Februar 1999 dabei.

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