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Wie man Zeit austrickst

Die Vorarlbergerin Liddy Scheffknecht durchsetzt den Alltag künstlerisch.

Etwas Praktisches sollte es für die Vorarlberger Künstlerin Liddy Scheffknecht sein. Genau das fand sie in den Ateliers der Universität für angewandte Kunst in Wien und der Beaux Arts in Paris. Die hat sie mittlerweile längst verlassen und gegen Galerieräume vertauscht, wie jenem des Kunstraums Niederösterreich in Wien, in dem Scheffknecht derzeit Auszüge aus ihren jüngsten Arbeiten zeigt.

Gut gerüstet

Das Abbild, die Fotografie sind dabei die Basis, aus der Liddy Scheffknecht in bildhauerisch anmutender Feinarbeit Segmente ausbricht und verschwinden lässt und dadurch ungewohnte Einblicke eröffnet. Bestes Beispiel dafür sind ihre Fotografien von Baugerüsten, aus denen sie das umspannte Gebäude schlichtweg entfernt, und das Gerüst – das scheinbar Nebensächliche – zur Hauptsache wird. „Die Fotografie ist jener Punkt, von dem aus ich meine Ideen weiterentwickle. Sie ist einer meiner Pinsel“, stellt Liddy Scheffknecht den Fokus ein und belässt diesen in größtmöglicher Freiheit. „Was die Frage des Materials angeht, da beschränke ich mich nicht. Derzeit beschäftige ich mich oft mit Videos, Animationen und Installationen. Ich bin aber gleichzeitig für jedes Medium offen. Wichtig ist die Idee, die hinter einer Arbeit steckt. Die Idee gibt das Medium vor“, erklärt Scheffknecht. Und wenn sie das Handwerk, das die Realisierung eines Gedankens fordert, nicht beherrsche, dann eigne sie sich dieses eben an. Thematisch kreist sie derzeit um das Verschwinden. Scheffknecht: „Ich versuche, einen flüchtigen Moment festzuhalten, ihn zu dehnen. Nur ein Beispiel: ein Baugerüst ist eine absolute Nebensächlichkeit im Stadtbild. Es verschwindet wieder und gibt das Gebäude, das es umbaut hat, wieder frei. Ich kehre diese Anordnung um, so, dass das Hauptsächliche sich nur noch in seiner Hülle abdrückt.“ Für die Thematik des Verschwindens findet Liddy Scheffknecht immer wieder zu neuen Ausdrucksformen. So formt sie aus Glas Kaugummiblasen kurz vor dem Augenblick ihres Zerplatzens und hält diesen damit fest.

Kunst ist sportlich

Der Sport, und damit liegt Liddy Scheffknecht gerade jetzt auf der Höhe des öffentlichen Geschehens, ist ein weiteres jener Themen, die sie bislang begleiteten. „Was mich am Sport interessiert, ist die Narration, die auch eine nationale Identität konstruiert. Ein Sportler kann zum Vorbild einer ganzen Gesellschaft werden. Wenn er gewinnt, haben wir alle gewonnen, verliert er, bleibt er allein. Da ist es auch spannend zu sehen, über welche Sportarten sich eine Gesellschaft definiert“, startet Scheffknecht ins Rennen. Und noch was: Die Kunst ist das eine, deren Präsentation das andere. So engagierte sich Liddy Scheffknecht bereits während ihres Studiums in der Künstlergruppe „dieVeranda“, die sich u. a. auch mit der Realisierung von Ausstellungsprojekten beschäftigte. Aktuell formiert sie gemeinsam mit der Lustenauerin Claudia Larcher, Roswitha Schuller, Markus Hanakam und Anne-Sophie Christensen die Künstlergruppe „Plinque“. Ein junges Projekt, das jedes Engagement rechtfertigt.

Zur Person Liddy Scheffknecht

Geboren: 1980 in Lustenau, aufgewachsen in Dornbirn Ausbildung: BORG Schoren, Studium an der Angewandten in Wien und der Beaux Arts in Paris Laufbahn: u. a. in Wien, Skopje, Paris, Feldkirch, St. Gallen, Mailand Wohnort: Wien

Die Ausstellung „Wir wohnen“ kuratiert von Ingeborg Strobl u. a. mit Arbeiten von Liddy Scheffknecht ist noch bis 13. März im Kunstraum Niederösterreich in Wien zu sehen. ­

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