AA

Archive in der Poolbar

Einfach grandios: Das sind Archive und die sollte man am Mittwoch Abend in der poolbar unbedingt live genießen.

Sanfte Schwermut und leise Melancholie sind Zuschreibungen, die gut zu dieser Band passen. Durch ihre Musikalität und ihren Einfallsreichtum stechen sie jedoch weit aus der Masse an Bands heraus, die sich ähnlichen Stimmungen verschrieben haben.

In Bezug auf die junge österreichische Sängerin Soap&Skin wurde in einer Musikkritik vermerkt, dass sich zu ihrer Musik die Pulsadern förmlich wie von selbst öffnen würden. Auf den ersten Blick und beim ersten Hören scheinen auch Archive eine Band zu sein, die man voreilig in dieser Richtung und mit dieser Funktion verorten könnte. Es ist traurige Musik, die es sich in ihrer Melancholie gemütlich gemacht zu haben scheint. Doch diese scheinbare Gemütlichkeit, diese allzu klare Definition, tut der Band mehr als nur unrecht. Die weltweit gehypten Archive sind aus mehreren Gründen wesentlich mehr als nur eine weitere tieftraurige Band aus England.

Archive und die musikalische Formsprache

In der Musik von Archive finden sich immer wieder Reste von Trip-Hop, in dessen Umfeld sich die Band zu Beginn ihrer musikalischen Karriere aufgehalten hatte. Diese zarte Melancholie, die man vor allem von Portishead kennt, ist noch immer anwesend, sie weht wie ein leiser Hauch der vergangenen musikalischen Ausrichtung immer nur herüber, ist phantomhaft auch in den aktuellen Liedern anwesend. Wie Portishead wissen auch Archive durch eine strenge und ausgeklügelte musikalische Formsprache zu überzeugen. Wie Melancholie und Verzweiflung klanghaft zum Ausdruck kommen muss, ist etwas, das diese Band wie kaum eine andere beherrscht. Jeder Ton und jedes geräuschhafte Element ist gezielt und gekonnt eingesetzt, nichts wird dem Zufall überlassen. Und doch wirkt ihre Musik niemals kalkuliert, sondern immer eindrucksvoll präzise und absolut konzis: kein Ton zuviel, auf den Punkt gespielt, und dennoch lassen Archive den RezipientInnen den Freiraum, die solche Musik ganz einfach braucht. Die Musik lädt ein, lässt sich Luft zum Atmen, ist Balsam für verzweifelte Seelen. Archive stoßen nicht in Abgründe, sondern fangen auf, umfangen, trösten, begeistern, lassen auch Euphorie und Glück zu.

Die „ewigen Themen” der Menschheit

Auch wenn der Geist von Radiohead an manchen Stellen hörbar und spürbar wird, lassen sie sich nicht auf diesen Einfluss und auf diese Art Musik zu machen beschränken. Vielmehr glaubt man eine lange Tradition von Songwritern zu hören, die sich mit den „ewigen Themen” der Menschheit auseinander gesetzt haben. Hört man vielleicht gar einen Leonhard Cohen heraus, der sich selbst fragt, ob es nicht ein langer Weg nach unten gewesen sei? Diese Themen altern schlichtweg nicht, eine weitere Abhandlung macht sie nicht wertloser oder uninteressanter, sondern holt immer wieder neue Facetten hervor. Archive beherrschen diese Kunst wie wenig andere. Sie halten sich in Gebieten auf, die man zu kennen glaubt, und dennoch vermögen sie es, immer wieder zu überraschen und an manchen Stellen zu Tränen zu rühren. Die Verzweiflung, die diese Musik ausstrahlt, ist jedoch niemals so stark, dass sich die Pulsadern wie von selbst öffnen würden. Es bleiben immer Hoffnungsschimmer übrig, Lichtblicke, Ausblicke und Auswege aus der Traurigkeit.

In ihren Live-Konzerten bleibt zwar Platz und Zeit zum Schwelgen, jedoch gibt es keinen Grund zur Traurigkeit. Mit Archive steht eine grandiose Band auf der Bühne, die keinerlei Wünsche offen lässt: sanfte Melancholie und grandiose Traurigkeit, angesichts derer man in Jubel ausbrechen wird. Ihre zum Teil komplexen Songs wirken auf der Bühne plötzlich federleicht, absolut schlüssig. Umfangen von dieser Soundwolke ist ein Abend garantiert, der noch lange in Erinnerung bleiben wird. (Markus Stegmayr) 

Mehr Progamm-Highlights in der Poolbar gibt’s hier!

  • VIENNA.AT
  • Musik
  • Archive in der Poolbar
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen