Der Autor, Enfant terrible der US-amerikanischen Literatur, geriert sich gerne als psychotischer Autobiograf. Schon in “Unter Null” ging es um das degenerierte Leben einer genusssüchtigen, reichen Jugend, die miteinander in Sex-, Drogen- und Gewaltexzessen aufwächst. “Imperial Bedrooms” spielt viele Jahre später. Clay, Blair und Julian sind erwachsen und stecken doch in den selben Konflikten, in der selben Paranoia, in der selben Unersättlichkeit fest. Diesmal ist es Clay, der die Geschichte erzählt. “Sie hatten einen Film über uns gemacht”, lautet der erste Satz. Und wer auch immer sie sind, ein Film wurde damals tatsächlich aus “Unter Null”.
Clay kehrt (ebenso wie Bret Easton Ellis als er anfing, das Buch zu schreiben) von New York nach Los Angeles zurück. Er will dem Casting für einen Film beiwohnen, für den er das Drehbuch geschrieben hat. Casting, das bedeutet: “Willst du mitspielen?” und die oder den betreffenden Vorsprechenden dann mit ins Hotelzimmer nehmen. Mit Rain Turner, einem unbegabten aber hübschen Starlet, geht Clay viel zu weit. Gegenseitige Abhängigkeit, die ausschließlich auf gegenseitiger Ausbeutung beruht, zieht bald eine blutige Spur durch seinen Bekanntenkreis. Er selbst wähnt sich verfolgt – und glaubt, nicht mehr als dieses Wähnen zu brauchen, um eine Rechtfertigung für so ziemlich alles zu haben, was seinen krankhaft unbefriedigten Bedürfnissen gerade entspricht.
Ja, es wird gemordet und vergewaltigt und in expliziter Weise gequält. Ja, dieses kaltschnäuzige Bekenntnis zum Widerlichen ist ein bisschen eindrucksvoll. Ja, viele Szenen gehen einem nicht mehr aus dem Kopf – oder aus dem Magen, je nach Verdauungsstrategie. Aber ist “Imperial Bedrooms” mit seinen schwächelnden Dialogen und seiner eher konstruierten als schwelenden Unruhe, deshalb ein gutes Buch? Oder doch nur eine gute – und nach so vielen Jahren dann vielleicht doch nicht so gute – kathartische Therapie für den Autor, die viele Leser in (Ekel)erregung verfolgen wollen? Im Grunde ist das egal. Bret Easton Ellis hat sich den Status des geschickten Tabubrechers zu Recht erschrieben. Soll also keiner sagen, er wäre nicht gewarnt gewesen.