Diese neuen Videoinstallationen umfassen jeweils acht Minuten und befassen sich mit den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Die Aufnahmen entstanden in Militäreinrichtungen der USA. Farocki kombinierte die dort gedrehten Sequenzen mit Ausschnitten aus Computersimulationen. Die an Spiele erinnernden Programme werden von Soldaten genutzt, um an ihren Rechnern den Ernstfall im Irak, in Afghanistan und in potenziellen Krisengebieten zu proben. Eine weitere Variante stellt die ebenfalls zur Serie “Ernste Spiele” zählende Arbeit “Immersion” dar, bei der es um Reinszenierungen traumatischer Kriegserlebnisse geht. Die Soldaten sollen dabei wiederum mit Hilfe von Videosimulationen und im Beisein von geschulten Psychologen ihre schrecklichen Erinnerungen verarbeiten.
Farocki beschäftigte sich bereits in früheren Arbeiten mit dem Verhältnis von Technik und Krieg. In der aus drei separaten Installationen bestehenden Serie “Auge/Maschine” (2001-2003) setzte er es zu wirtschaftlichen Produktionsbedingungen in Beziehung. Der 1944 in der damaligen Tschechoslowakei geborene Künstler zieht beispielsweise Vergleiche zwischen Überwachungsmechanismen in kriegerischen Auseinandersetzungen und dem Einsatz von Kameras in zivilen Situationen wie zum Registrieren von Bewegungen an öffentlichen Orten und zur Kontrolle von Arbeitsabläufen in hoch technisierten Industrieanlagen. Aus seiner Sicht ersetzen Krieg und Industrie das menschliche Auge zunehmend durch Computer. Natürliche Augenarbeit werde damit immer stärker von Maschinen übernommen.
Die Zwei-Kanal-16-Millimeter-Filminstallation “Vergleich über ein Drittes” ist zusammen mit der Doppelvideo-Vorinstallation “Gegen-Musik” im zweiten Obergeschoß des Kunsthauses zu sehen. “Vergleich über ein Drittes” ist ein Dokumentarfilm über die Ziegelproduktion in Afrika, Indien und Europa. Dabei werden die unterschiedlichen Produktionsprozesse in den Entwicklungsländern mit den modernen Produktionstechniken in den Industrieländern verglichen und einander gegenübergestellt. “Man stellt sich die Frage, was ist das richtige”, sagte Kurator Rudolf Sagmeister. Auch eine mit 25 Filmen von Farocki bestückte Filmbibliothek wurde eingerichtet, die Sagmeister als “Schatz” bezeichnete.
In “Gegen-Musik” zeichnet Farocki ein Porträt der Stadt Lille im Jahr 2004. Er verwendet dafür ausschließlich automatisch aufgezeichnete Bilder beispielsweise von Überwachungskameras und vergleicht diese Aufnahmen mit Filmen der 1920er Jahre wie “Der Mann mit der Kamera”. Ebenfalls zu sehen sein wird die bereits 2007 auf der “documenta” präsentierte Arbeit “Deep Play”, bei der der Besucher auf zwölf Projektionsflächen mit verschiedenen Blicken auf das WM-Endspiel 2006 konfrontiert wird. Neben der offiziell ausgestrahlten Version, die 1,5 Milliarden Menschen verfolgten, bekommt der Besucher auch Einblick in nicht für die Öffentlichkeit gedachte Videoaufzeichnungen wie etwa davon, wie Analysten das Spiel kommentieren.