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Josh Groban will nicht in ein Format passen

©AP
Vor drei Jahren konnte Josh Groban mit seinem Weihnachtsalbum Elvis Presley vom Thron stoßen: Der King of Rock 'n' Roll hatte 1958 mit vier Nummer-Eins-Platzierungen in den US-Billboard-Charts einen Rekord aufgestellt, der fast ein halbes Jahrhundert unerreicht blieb.

Grobans “Noel” belegte fünf Mal hintereinander Platz eins – fünfmal Platin allein in den USA, das entspricht mehr als fünf Millionen verkauften Tonträgern. Nun legt der 29-jährige Sänger, der sich immer noch zwischen Klassik und Pop tummelt, sein fünftes Studioalbum mit dem Titel “Illuminations” (Warner) vor.

Der Titel und die Platzierung zum Jahresende legt die Vermutung nahe, hier habe es sich einer in seiner lukrativen Nische bequem gemacht. Doch Groban, der es mit mehr als 25 Millionen verkauften Alben zu einem der erfolgreichsten Musiker des Jahrzehnts geschafft hat, erzählt im dapd-Interview in einem Hamburger Hotel eine ganz andere Geschichte: Dem Gefühl, nach dem Erfolg von “Noel” in der Falle zu sitzen, in eine Schublade einsortiert zu werden, aus der es kein Entkommen mehr geben könnte. Und dass ihm die Zusammenarbeit mit Produzent Rick Rubin die Kraft gegeben habe, sich dagegen zu stemmen.

“Ich brauchte seinen Fokus, einen starken Geist nach dem Weihnachtsalbum, weil ich mich gefangen fühlte”, sagt Groban. “Ich empfand es so, dass dieses Ding nur einen ganz, ganz kleinen Teil von dem repräsentierte, was ich bin.” Rubin, der mit Rock-Acts von AC/DC über Metallica und Rage Against The Machine bis zu introvertierten Künstlern wie Donovan, Neil Diamond und Johnny Cash erstaunliche Alben produzierte, habe ihm geholfen, liebgewordene Gewohnheiten über Bord zu werfen, zu sagen: “Genug davon! Ich mache jetzt was anderes.”

“Man macht manches doch nur, weil es musikalisch das Bedürfnis nach Abenteuer befriedigt. Und ich brauchte jemanden wie Rick, der mich davon abhielt, egoistisch zu sein”, erzählt Groban. Rubin sei eine Art Führer gewesen, während sein Entdecker David Foster die Produktion eher als Aufseher geleitet habe. Rubins Methode bedeute für beide, Produzent und Künstler, ein hohes Risiko. Gerade am Anfang sei es schwer, die richtige Linie zu finden.

“Wir haben ein ganzes Jahr nur damit verbracht, zu planen, Entwürfe zu machen. Wir haben keine einzige Note aufgenommen”, berichtete Groban. Das hat mich verrückt gemacht, weil ich Geräusche brauche, ich hören will, was wir machen. Wir haben die Lieder erst aufgenommen, als wir eine Vision hatten, wie wir sie haben wollten. Als wir soweit waren, haben wir sie nicht Stück für Stück im Labor aufgenommen, sondern als komplette Aufführung. Diese Songs wurden nicht editiert, sie sind ein Take. Sie sind besondere Momente, ein jeweils fünfminütiger Energieausbruch nach einjähriger Planung. Das ist für mich wahre Kunst.”

Aufgenommen wurde in den legendären Capitol Studios in Los Angeles, in denen noch immer der Orchesterklang eines Filmkomponisten wie Henry Mancini präsent ist. “Wir wollten einen Klang, der die Orchester der 60er Jahre mit einer Wohnzimmeratmosphäre verbindet – groß und intim zugleich.” Mit der ganzen Band oder dem ganzen Orchester gleichzeitig ein Stück aufzunehmen habe auch Nerven gekostet. “Man weiß, jede Minute kostet Tausende von Dollar, und dann ist man nervös.”

Erst habe man Cover-Songs geplant, dann habe Rubin ihn gedrängt, doch selbst Lieder zu schreiben. “Er hat mir beigebracht, wie ein Komponist zu denken. Vorher hatte ich mich hingesetzt, wenn ich mal eine Woche Zeit hatte, um mich selbst zu bestätigen. Und jetzt schreibe ich alles auf, wenn mich etwas inspiriert.” Dieser Prozess sei befreiend, er führe zu einer eigenen musikalischen Persönlichkeit. Die Zusammenarbeit mit den Songwritern Dan Wilson und Rufus Wainwright habe ihm dabei sehr geholfen.

Wainwright schrieb mit seiner Mutter Kate Garrigle den Text für “Au Jardins des Sans-Pourquoi”. Garrigle starb kurz darauf, Wainwright habe ihm gesagt, es sei das einzige Lied, das er mit seiner Mutter überhaupt komponiert habe. “Ich dachte, für sie sei es ganz normal, zusammen zu singen und zu schreiben. Nun hat es ein solches Gewicht, und es hat mich sehr ergriffen, eine solche Erinnerung an sie auf meinem Album zu haben.”

Mit dem Brasilianer Lester Mendes schrieb Groban “Voce Existe Em Mim”. Portugiesisch sei eine derart musikalische Sprache, dass er sich ein komplettes Album in der Tradition moderner brasilianischer Komponisten von Antonio Carlos Jobim bis Milton Nasciemento vorstellen könne. Die einzigen reinen Cover-Versionen sind Nick Caves “Straight To You” und Declan O’Rourkes “Galileo”.

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