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1945: Das Kriegsende in Backenreute

Parade in Bregenz, Belruptstraße
Parade in Bregenz, Belruptstraße ©Rupp
(Gebirgs-)Kraftfahr-(Ersatz)-Abteilung 18 Bregenz

Ein deutscher Feldwebel verhinderte Sprengungen und Kampfhandlungen

Am 1. Mai 1945 opferten in der Parzelle Berg, Hörbranz, zwei junge deutsche Soldaten – völlig sinnlos – ihr junges Leben, indem sie das Vaterland “bis zuletzt” verteidigten. Am selben Tag leistete ein weiterer deutscher Soldat in der Parzelle Backenreute Sinnvolles: Er verhinderte – unter Lebensgefahr – die Zerstörung von Brücken und Kampfhandlungen.

Der im Offiziersrang stehende Heeresbeamte Karl Baumann, geb. am 15.4.1900 in Massenbachhausen (Baden-Württemberg), wurde auf Veranlassung des Gauleiters Überreuter ( –> Sigfried Uiberreither) am 15.3. 1945 bei gleichzeitiger Dienstgradherabsetzung zum Feldwebel zur Kraftfahrzeug-Ersatzabteilung 18 nach Bregenz strafversetzt.

Baumann schrieb am 25.August 1949 aus Esslingen (D) an den Bürgermeister von Hörbranz, man habe ihn anlässlich einer Wahl beleidigt, er habe als ehemaliger deutscher Offizier an der Zerstörung der Heimat teilgenommen ja sogar Zerstörungen angeordnet. Da dies den Tatsachen völlig widersprach, ersuchte er den Bürgermeister die wirklichen Vorkommnisse in Backenreute zu bestätigen.

Bürgermeister Julius Hagen fand auf Nachfrage bei den von Baumann genannten Personen dessen Darstellung bestätigt. Hagen stellte fest: “Dem ehemaligen aktiven Heeresbeamten Karl Baumann (…) wird hieramts bestätigt, dass er anlässlich der letzten Einsatztage – Ende April 1945 – mit seiner Truppe keinerlei Zerstörungen durchgeführt hat, im Gegenteil viel zur Erhaltung unserer Heimat beigetragen und der Bevölkerung hier große Not und Sachschaden erspart hat. (…)”

Ende April 1945 erhielt Feldwebel Baumann den Auftrag mit einer Truppe der Kraftfahr-Ersatzabteilung 18 ” die Ortschaft Backenreute b. Hörbranz bis zum Letzten zu verteidigen. Feldw. Karl Baumann sah frühzeitig die Nutzlosigkeit dieser Verteidigung ein, der er durch seine frühere antinazistische Einstellung und ständiges Anhören von Auslandssendern beim Küfermeister Anton Berkmann in Hörbranz den Verfall des 3.Reiches vor Augen sah. Er ließ daher keine Panzersperren schließen, obwohl er hierzu von der Parteileitung strengen Befehl unter Strafandrohung bekommen hatte. In seinem Verteidigungsbereich lagen 2 große Brücken, die wohl zur Sprengung geladen waren, Fdw Baumann aber frühzeitig entladen ließ, um die Umgebung nicht zu gefährden. Einem Anrainer, dem Küfermeister Mazedon Berkmann versprach Fdw Baumann, dass die Brücken nicht gesprengt und auch um die Ortschaft nicht gekämpft werde, da dies ja nur unnötiges Blutvergießen und erheblichen Sachschaden erfordere. Auch die SS werde er vom Orte abzuhalten wissen.

Am 30.4.1945 um ca. 2 Uhr nachts entließ er seine Leute und schickte sie in ihre Heimat. Baumann hat sodann mit dem Zimmermeister Mathias Jochum und dessen Bruder Christian Jochum die ganze Sachlage besprochen und übergab sämtliche Waffen und Munition der dortigen österreichischen Widerstandsbewegung. Fdw Baumann blieb dann allein in der Stellung bis nachmittags (1.5.1945) ½ 3 Uhr die französische Besatzung einmarschierte.

Ein Bataillon Volkssturmleute, das dem Fdw Baumann zur Verstärkung zugewiesen war, verwies er sofort in eine Rückhaltestellung weit hinter Bregenz, um die Stadt soweit als möglich von einem Kampf zu verschonen. Am Vormittag des 30.4. 1945 marschierte das Batl. dann gegen Langen. Sein eigenes Handgepäck ließ Baumann dann noch von dem Land- und Forstwirt Michael Hehle (Halbenstein) in Richtung Ruggburg fahren.

Auf Grund des damaligen Bürgermeisters (Anmerkung: Alexander Ernecker) sowie der Widerstandsbewegung in Backenreute (Mathias und Christian Jochum) wurde Karl Baumann von der französischen Besatzung am 4.5.1945 in seine Heimat entlassen.
Es ist durch das loyale Verhalten des Fdw Karl Baumann in seinem Verteidigungsbereich Backenreute der ganzen Ortschaft große Not und erheblicher Sachschaden erspart geblieben und ich spreche diesem wackeren Manne meinen herzlichen Dank und Anerkennung aus.
Der Bürgermeister” (Julius Hagen)

Karl Baumann: “Ich bin heute glücklich, trotzdem dass ich als Flüchtling aus St. Pölten nichts mein Eigen nennen kann.” Dass die von ihm getroffenen Entscheidungen nicht ungefährlich waren, wusste Baumann: “Als ich meinem Zug bekannt gab, was ich vorhatte, kam ein Soldat von Dornbirn zu mir und sagte: Herr Feldwebel, es ist recht, was sie vorhaben, aber wissen Sie, dass Sie mit ihrem Kopf spielen? “

Bericht: Willi Rupp

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