Schon der Name klingt wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht: Samarkand an der Seidenstraße, die Stadt Tamerlans mit grünen Kuppeln und schlanken Minaretten. Von Tashkent aus fährt der flaschengrüne Sharq in vier Stunden nach Samarkand. Es ist eine Reise in eine andere Welt. Im Zug macht sich eine Klassengesellschaft breit. Die bequemen schwarzen Ledersessel in Zweierreihen sind von Touristen und Geschäftsleuten besetzt.
Zweiklassen-Gesellschaft
In der ersten Klasse hält man Abstand vom Hinter- oder Vordermann und kann sich ordentlich ausbreiten. In den großen Abteilen, die mit ihren Gardinen und dem Teppich wie kleine Wohnzimmer wirken, sitzen usbekische Familien und Gruppen auf Geschäftsreise. Im Salon, dem zimmergroßen VIP-Abteil mit dem großen Tisch, lümmelt sich ein Mann in Uniform zwischen dicken Sofakissen unter einem Ölschinken, während sich draußen im Bistro-Waggon ein paar Männer mit Wodka zuprosten. Auch in der zweiten Klasse ist der Sitzabstand noch groß genug, dass die usbekischen Reisenden ihren halben Hausrat hinter und unter den Sitzen verstauen können. Erst dahinter wirds enger. Ganze Großfamilien drängeln sich mit Sack und Pack im Großraumwagen, und während auf dem Bildschirm ein Film flimmert, wird auf den billigen Plätzen ordentlich gegessen. Augen für das, was draußen ist, hat hier kaum jemand. City of Friendship and Peace verheißen mannsgroße Leuchtbuchstaben auf einem Plattenbau am Rande Tashkents. Die Hauptstadt Usbekistans zeigt sich entlang der Gleise von ihrer eher unscheinbaren Seite.
Übergang ins Dörfliche
Der Übergang ins Dörfliche geschieht ganz allmählich. Lehmhäuser lösen die Plattenbauten ab, statt abgewrackter Fabriken mit leeren Fensterhöhlen ziehen Felder mit schwarzen Schafen vorbei. In den Dörfern ducken sich die kleinen Häuser unter Wellblech. Da leuchtet die goldene Kuppel einer orthodoxen Kirche, dort ragt ein Minarett in den Himmel wie ein Zeigefinger. Ein Mann führt seinen Esel spazieren eine Szene wie im Märchen. Im Zug kontrolliert ein freundlicher Schaffner die Fahrkarten. Ihm folgt eine dunkle Schönheit, den Teepott in der Hand. Den Tee gibts für die Fahrgäste gratis. Jeder der elf Waggons hat einen eigenen Samowar.
Am Horizont zeichnen sich die Ausläufer des Pamirgebirges ab, weiß bestäubte Gipfel unter einem blassen Himmel. Der Zug hat den Fluss Syrdarja passiert, der längst nicht mehr perlmuttfarben ist, sondern schiefergrau zu viel Wasser wird in die Bewässerungsanlagen abgeleitet. Die waren schon unter dem sagenhaften Tamerlan (Timur 1336 1405), der die Stadt zum kulturellen Zentrum Mittelasiens gemacht hatte, gebaut worden. Die Usbeken verehren den Herrscher, der die unterdrückten Staaten durch ein Terrorregime unter Kontrolle hielt, bis heute als Helden und haben ihm im Zentrum Samarkands ein kolossales Denkmal gesetzt.
Ditkatoren und ihre Söhne
An den Hebeln der Macht saßen damals die Söhne des Diktators oder seine Günstlinge. Viel anders sieht es heute auch nicht aus in Usbekistan. Seit der Unabhängigkeit 1991 regiert Islom Karimov, der zuletzt 2007 wiedergewählt wurde, obwohl die fünfjährige Amtszeit eines Präsidenten laut Verfassung nur einmal verlängert werden darf. Demonstrationen gegen sein Regime ließ er 2005 blutig niederschlagen. Seine Geburtsstadt Samarkand aber profitiert von der Eitelkeit des Politikers, der die Stadt schwer herausputzen lasse, weiß ein deutscher Geschäftsmann. Kaum sind die ersten Ausläufer der Stadt zu sehen, beginnen die ersten Passagiere, ihr Gepäck zusammenzu tragen. Draußen im Bahnhof ist es laut. Ein paar Frauen bieten selbst gebackene Teigtaschen feil, noch warm. Bäcker haben mit Handwagen ihre frischen Fladen herangekarrt. Angehörige stürzen sich mit Freudenrufen auf ihre Familien. Die hässliche Unterführung lässt nicht ahnen, dass schon der Bahnhof von Samarkand ein Prachtstück ist mit hohen Säulen, riesigen Kandelabern und bunten Glasfenstern, durch die das Licht regenbogenfarben auf die großräumig verteilten Wartenden fällt.
Die 2750 Jahre alte Stadt
Und die Stadt, 2750 Jahre alt, hält, was der Bahnhof verspricht. Der Registan, mit den drei Medressen einer der schönsten Plätze der Welt, die Shahi-Zinda-Totenstadt, das Gur-Emir-Mausoleum, wo Tamerlan angeblich begraben liegt glanzvolle Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Das Herz der Stadt aber schlägt im Basar, dort, wo Usbekistan ganz bei sich ist. Dort, wo sich Handel und Kultur seit der Zeit der Seidenstraße zum Austausch treffen. Hier wird um jeden Zum gefeilscht. Und doch dürfen die Besucher großzügig naschen von all den herrlichen Früchten des Orients.
Bewässerungssystem soll den Aralsee retten
Wasser Ein weit verzweigtes Bewässerungssystem sichert die usbekische Baumwollproduktion. Doch die Kanäle entziehen dem Fluss zu viel Wasser: Dem Syradarja droht, was am Aralsee schon längst Realität geworden ist die Versteppung. Der einstmals viertgrößte Binnensee der Erde leidet unter akuter Auszehrung. Der drohenden Umweltkatastrophe will Russland ab 2011 mit einem milliardenschweren Mammutprojekt gegensteuern: Mittels Pipeline soll Gletscherwasser aus den russischen Bergen in den dürstenden See fließen. Von überall her wird dem See wieder Wasser zugeführt, über bis zu 1500 Kilometer lange Kanäle auch aus Samarkand.
Samarkand bietet eine Vielzahl von architektonischen Attraktionen
Registan Der Hauptplatz des alten Samarkand, der Registan, wird malerisch von drei Medressen (wie man die Koranschulen nannte) eingerahmt: Ulug-Beg, Schir-Dos und Tillja-Kan. Ganz nahe liegt die Totenstadt Schah-i- Sinda mit einer Vielzahl von Mausoleen aus verschiedenen Jahrhunderten. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts durfte kein Nicht-Moslem diesen Wallfahrtsort betreten.
REISEINFOS
Anreise: Lufthansa fliegt drei Mal wöchentlich von München direkt nach Tashkent. Der Hin- und Rückflug ist ab 539 Euro buchbar, inkl. Steuern, Gebühren und Service Charge im Internet unter www.lufthansa.com, Tel. +49 1805 805805.
Einreise: Für die Einreise ist ein Visum notwendig, das bei der usbekischen Botschaft in Wien beantragt werden kann. Für österreichische Staatsbürger gelten seit 2003 erleichterte Einreisevoraussetzungen eine Visumerteilung bei Einreise ist nicht möglich. Botschaft der Republik Usbekistan in Österreich, 1180 Wien, Pötzleinsdorferstraße 49, Tel. 01 3153994, E-mail: info@usbekistan.at.
Zugfahrt: Erster Klasse kostet die Fahrt nach Samarkand 24.290 Zum, für die zweite Klasse, die immer noch sehr bequem ist, zahle man lediglich 15.386 Zum.
Saison: Das Klima Usbekistans zählt zu der gemäßigten Zone. Je nach Region herrschen kontinentales Feuchtklima, gemäßigtes Steppenklima oder gemäßigtes Wüstenklima vor. Die Sommer sind meist heiß und wolkenlos, die Winter unbeständig und kalt. Beste Reisezeiten sind Frühling (April bis Juni) und Herbst (September bis Oktober).
Währung: Die usbekische Währung ist Zum. Derzeit entspricht ein Euro etwa 2250 Zum. In den größeren Geschäften und den Hotels werden Kreditkarten akzeptiert, die kleineren Händler nehmen auch gerne Dollar und Euro.
Bevölkerung: Usbekistan hat etwa 27,7 Mill. Einwohner. Die Bevölkerungsdichte beträgt 61,2 Einwohner pro km² und entspricht damit nur etwa einem Viertel der Bevölkerungsdichte in Deutschland.
Weitere Informationen: Uzbekistan Tourism Board, www.uzbektourism.uz/en/ oder beim Reiseveranstalter Orient voyages, www.tour-orient.com