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Inflation trifft Löhne und hilft dem Staat bei Entschuldung

Keine Lohn-Preis-Spirale absehbar - Inflation soll ab Sommer zurückgehen
Keine Lohn-Preis-Spirale absehbar - Inflation soll ab Sommer zurückgehen ©APA | Canva
Die Nationalbank hat ihre Inflationsprognose auf das gleiche Niveau angehoben wie zuvor schon Wifo und IHS.

Um sieben Prozent dürften die Verbraucherpreise in Österreich heuer steigen, nächstes Jahr dann um 4,2 Prozent. Das ist schlecht für die arbeitenden Menschen, denen heuer ein historischer Einbruch ihrer realen Einkommen droht und gut für den Staat, der sich dadurch zügig entschulden kann.

Alleine die Inflation wird dazu führen, dass die Schuldenquote, also das Verhältnis der Schulden zur Wirtschaftsleistung, zwischen 2022 und 2024 um fast 10 Prozentpunkte sinkt, hat die OeNB errechnet. Hätte es die von der EZB angestrebte Inflation von zwei Prozent gegeben, wäre der Effekt halb so groß gewesen. Schon heuer sollte der Schuldenstand von etwa 84 Prozent auf knapp unter 80 Prozent des BIP fallen, 2023 dann auf 75,9 Prozent und 2024 auf 73,1 Prozent.

Steigende Kerninflation

Die Inflation war zwar zunächst stark "importiert", vor allem über die explodierenden Energiepreise. Der Einfluss der Energiepreise wird aber ab dem Sommer zurückgehen, insgesamt soll die Teuerungsrate ab dem Sommer zurückgehen, erwartet die OeNB. Nicht zuletzt durch das Nachziehen der Kollektivvertragslöhne wird die innerösterreichische Kerninflation steigen, auf heuer 4,1 und 2023 4,4 Prozent und sie geht auch 2024 nur auf 3,3 Prozent zurück. In den 20 Jahren vor der Covid-Krise war die Kerninflation bei etwa 1,7 Prozent gelegen.

Keine Lohn-Preis-Spirale

Von einer Lohn-Preis-Spirale könne man aber nicht sprechen, sagten OeNB-Gouverneur Robert Holzmann und OeNB-Chefökonomin Birgit Niessner. Denn die Tradition der KV-Verhandlungen sehe vor, dass lediglich die vergangene Inflation und allfällige Produktivitätsgewinne die Basis für Lohnerhöhungen sind. Erst wenn vergangene Inflation überkompensiert oder künftige Inflationserwartungen als Basis genommen würden, würde so eine Spirale in Gang gesetzt.

Hoher Reallohnverlust, aber...

Die Löhne dürften heuer zwar nominell mit vier Prozent deutlich steigen, real dürften aber um 2,5 Prozent weniger übrigbleiben. Die Entlastung bei Steuern sei zu gering, um den Reallohnverlust stark zu dämpfen, sagte OeNB-Chefprognostiker Gerhard Fenz. Das wäre seit den 1950er Jahren der höchste inflationsbedingte Reallohnrückgang. Da aber die Arbeitslosigkeit zurückgeht und die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um etwa vier Prozent zulegen dürfte, stagnieren die gesamten Haushaltseinkommen auf dem Vorjahresniveau. Und die Haushalte dürften ihre Ausgaben sogar um 3,9 Prozent steigern, weil sie ihre Sparquote von dem krisenbedingt ungewöhnlich hohen Niveau von 11,8 Prozent auf langfristig in Österreich übliche 8,4 Prozent senken und wohl auch einen Teil der rund 20 Mrd. Euro, die durch "Übersparen" während der Krise auf der hohen Kante liegen, nun wieder ausgeben.

Ärmere besonders stark betroffen

Inflation trifft die Menschen dabei sehr unterschiedlich. Die Nationalbank hat für das Jahr 2021 nachgerechnet, wie jeder einzelne Haushalt davon betroffen war. Das Ergebnis zeigt, dass es sogar Haushalte gegeben hat, deren Lebenshaltungskosten gesunken sind, während - bei damals durchschnittlich nur 2,8 Prozent Teuerung - manche bis zu fünf Prozent mehr für ihre Ausgaben zahlen mussten. Klar ist auch, dass die ärmsten zehn Prozent einen weit überdurchschnittlichen Anteil ihres Geldes für Wohnen, Wasser und Energie ausgeben, während beim wohlhabendsten Zehntel der Bevölkerung Freizeit, Kultur und Verkehr überdurchschnittlich viele Ausgaben verursachen.

Stabilisierender Faktor

Die teils zweistelligen Anstiege bei den Großhandelspreisen würden zwar Druck auf die Verbraucherpreise ausüben, aber nicht alle Großhandelspreise seien so stark im Plus, sagte Niessner. Sechs bis zwölf Monate dauere es, bis die Großhandelspreise beim Konsumenten ankommen.

Stabilisierend wirke aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB), dass die Unterschiede in der Inflation - und beim Wirtschaftswachstum - zwischen den einzelnen Euro-Ländern nicht zu groß sind, sagte Holzmann.

ÖGB fordert rasche Maßnahmen

Der Gewerkschaft ÖGB stieß die hohe Inflationserwartung der OeNB sauer auf. Es kann nicht sein, dass wir immer noch auf Maßnahmen gegen die explodierenden Preise warten", sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Die Gewerkschaft spricht sich unter anderem für eine befristete Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, eine vorübergehende Senkung der Spritsteuer sowie für Mietobergrenzen für ältere Wohngebäude aus.

Die NEOS nahmen die heutigen Konjunkturprognosen der Nationalbank dagegen zum Anlass, erneut die Abschaffung der Kalten Progression einzumahnen. Die Wirkung der Steuerreform 2022 sei bereits verpufft, es brauche weitere Einkommenssteuersenkungen statt "sinnloser Gutscheine", so NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker laut Aussendung. So könne auch der private Konsum gestützt werden.

(APA)

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