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499 verdächtige Werke aus Fall Gurlitt nun online

Die Gurlitt-Sammlung bleibt im Gespräch. Die Schwabinger Taskforce hat jene 499 Kunstwerke online gestellt, die unter Raubkunstverdacht stehen. Darunter sind Werke von Auguste Renoir, Claude Monet, Auguste Rodin, Paul Cezanne, Pablo Picasso und Otto Dix.


Am Montag war bekannt geworden, dass das Kunstmuseum Bern die Erbschaft des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt annimmt. Gemäß der Vereinbarung mit dem deutschen Staat und dem Bundesland Bayern übernimmt Bern die unbedenklichen Werke und die Kunst, die von den Nazis als “entartet” aus Museen entfernt worden war.

Mutmaßliche Raubkunst bleibt hingegen in Deutschland. Die 499 verdächtigen Werke wurden inzwischen wie angekündigt auf der Homepage lostart.de aufgeschaltet. Dort finden sich auch die Geschäftsbücher von Cornelius Gurlitts Vater Hildebrand. Zu sehen sind auf der Homepage Fotografien der Werke sowie Erklärungen zu Größe und Material. Die Experten der Schwabinger Taskforce erstellen nun zu jedem der Werke einen Bericht – auch zu jenen, deren Urheber bisher unbekannt ist.

Allerdings müssen nicht alle der 499 Werke ihren Eigentümern entrissen worden sein. Manche könnten von Sammlern aus wirtschaftlichem Zwang weit unter ihrem wahren Wert verkauft worden oder bei einer allfälligen Flucht zurückgelassen worden sein – sogenanntes Fluchtgut. Für die Schweiz ist diese Auslegung neu: Die Vereinbarung zwischen dem Kunstmuseum, der Bundesregierung und Bayern sieht nämlich eine strengere Definition von Raubkunst vor, als die Schweiz dies bisher getan hat. Wie das deutsche Kulturministerium auf Anfrage erklärte, wird in der Vereinbarung der Begriff “NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut” verwendet.

Vertreter des Kunstmuseums Bern hatten am Montag angekündigt, dass einige Werke aus der Sammlung sehr schnell in die Bundesstadt gebracht und schon 2015 der Öffentlichkeit gezeigt werden sollen. Allerdings gibt es noch Streitigkeiten um Gurlitts Testament. Daher behält einstweilen der Nachlassverwalter das letzte Wort, wie eine Sprecherin des Amtsgerichts München deutlich machte. Sollte das Kunstmuseum Bilder in die Schweiz bringen wollen, muss der Nachlassverwalter zustimmen.

Gurlitts Cousine Uta Werner hat das Testament angefochten. Sie stand gemeinsam mit ihrem Bruder in der gesetzlichen Erbfolge an erster Stelle, ging im Testament aber leer aus. Nun erhebt sie selbst Ansprüche auf das Vermögen inklusive millionenschwerer Kunstsammlung.

Das Gericht muss zuerst prüfen, ob der Antrag der Cousine formell korrekt ist. Sollte dies der Fall sein, hätte das Gericht in einem zweiten Verfahren die Gültigkeit des Testaments zu prüfen.

Die Vereinbarung des Kunstmuseums Bern mit Deutschland und Bayern stieß im In- und Ausland vorwiegend auf positives Echo, auch bei jüdischen Organisationen. Der Präsident des mächtigen Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald Lauder, erinnerte das Berner Museum indessen daran, dass das Haus eine große Verantwortung übernommen habe.

Während der Nazi-Zeit sei die Schweiz ein wichtiger Handelsplatz für Raubkunst gewesen. Bis jetzt hätten viele Schweizer Museen gezögert, sich mit diesem dunklen Teil ihrer Geschichte zu befassen. “Bern kann nun beweisen, dass seine Handlungen über jeden Zweifel erhaben sind”, mahnte der WJC-Präsident.

Er forderte auch andere Museen auf, eine gründliche Überprüfung ihres Bestandes in Bezug auf Raubkunst durchzuführen. Die 1998 gefassten “Washingtoner Prinzipien” zur Rückgabe von Raubkunst aus dem Zweiten Weltkrieg müssten rigoros angewendet werden.

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