360 Millionen Euro jährlich: Wie die neue Steuerregel jeden von uns trifft

Die Bundesregierung hat ein neues Steuerpaket vorgestellt, das eine Reihe von Sparmaßnahmen vorsieht – mit teils erheblichen Auswirkungen für Steuerzahler. Zentraler Punkt ist dabei die Einbehaltung des sogenannten variablen Drittels der Kalten Progression bis zum Ende der laufenden Gesetzgebungsperiode 2029. Damit verzichtet der Staat bewusst auf eine vorgesehene Steuerentlastung – zum Zweck der Budgetsanierung.
Agenda Austria: „Rückschritt bei der Steuergerechtigkeit“
Kritik an der Maßnahme kommt unter anderem von der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria. Ökonom Dénes Kucsera betont gegenüber dem Thinktank:
„Die Einbehaltung des variablen Drittels bedeutet einen Rückschritt bei der Steuergerechtigkeit. Die Kalte Progression trifft dadurch erneut vor allem jene, die sich kaum wehren können – die breite Mitte.“

Die Maßnahme koste Arbeitnehmer:innen bei einer angenommenen jährlichen Inflationsrate von 2,7 Prozent rund 360 Millionen Euro. Kucsera hebt hervor, dass insbesondere Durchschnittsverdiener betroffen seien – ein Bruttogehalt von rund 2.560 Euro bedeute einen Nettoverlust von 47 Euro jährlich, bei 4.000 Euro brutto summiere sich der Verlust auf 80 Euro im Jahr.
Was ist die Kalte Progression – und warum sie zurückkommt
Die Kalte Progression beschreibt einen steuerlichen Effekt: Wenn Löhne steigen, die Steuerstufen jedoch gleich bleiben, kann es sein, dass trotz Gehaltserhöhung weniger netto bleibt. 2023 hatte die Regierung diese schleichende Steuererhöhung erstmals vollständig abgeschafft. Das sogenannte variable Drittel wurde jedoch als politische Reserve zurückbehalten – und wird nun wieder aktiviert.
So viel kostet die Maßnahme dem Einzelnen
Die Einbehaltung wirkt sich unterschiedlich stark auf verschiedene Einkommensgruppen aus. Laut Berechnungen von Agenda Austria ergibt sich folgende jährliche Mehrbelastung:
- 2.000 € Bruttogehalt/Monat → 28 € netto weniger im Jahr
- 2.560 € Bruttogehalt/Monat → 47 € netto weniger im Jahr
- 4.000 € Bruttogehalt/Monat → 80 € netto weniger im Jahr
Insgesamt summiert sich der Entlastungsverzicht für alle Steuerpflichtigen auf rund 360 Millionen Euro jährlich – Mittel, die nun zur Stabilisierung des Staatshaushalts dienen sollen.
Weitere Maßnahmen im Überblick – Entlastung versus Einsparung
Neben der Kalten Progression enthält das Steuerpaket weitere Maßnahmen, die Bürger direkt betreffen:
Sparmaßnahmen:
- Aussetzung der Valorisierung des Kinderabsetzbetrags für 2025 und 2026
- Einführung einer Umwidmungsabgabe
- Erhöhung der Glücksspielabgabe
- Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen von 5,1 % auf 6 %
Entlastungen:
- Steuerfreie Arbeitnehmerprämie von bis zu 1.000 € jährlich
- Verdreifachung des Pendlereuros
Laut Agenda Austria seien die geplanten Entlastungen "punktuell" und "weniger nachhaltig" als die systematische Abschaffung der Kalten Progression.
Auch bei Pensionen wird gespart
Neben steuerlichen Einschnitten plant die Regierung Reformen im Pensionssystem. Das gesetzliche Pensionsantrittsalter soll perspektivisch steigen. Gleichzeitig werden die Krankenversicherungsbeiträge der älteren Bevölkerung erhöht – ein Kostenpunkt von mehreren hundert Euro jährlich pro Person.
Fakten auf einen Blick
Kalte Progression – variables Drittel bleibt bis 2029 einbehalten
- Maßnahme dient zur Budgetsanierung
- Gilt bis Ende der laufenden Legislaturperiode
- Laut Agenda Austria: rund 360 Mio. € jährliche Zusatzbelastung für Arbeitnehmer:innen
Jährlicher Nettoverlust pro Einkommen:
- 2.000 € brutto/Monat → 28 € weniger
- 2.560 € brutto/Monat → 47 € weniger
- 4.000 € brutto/Monat → 80 € weniger
Weitere Maßnahmen:
- Aussetzung der Kinderabsetzbetrag-Valorisierung
- Neue Abgaben (Umwidmung, Glücksspiel)
- Höhere Pensionsbeiträge
- Steuerfreie Prämie und Pendlerbonus als Ausgleich
(VOL.AT)