“Die Frauenhäuser sind ein zentraler Bestandteil des Wiener Gewaltschutznetzes”, sagte Frauenstadträtin Sandra Frauenberger bei der Pressekonferenz am Donnerstag. Der aktuelle Schwerpunkt des Vereins Wiener Frauenhäuser behandelt das Thema psychische Gewalt.
Jede fünfte Frau erlebt Gewalt mit
Die angebotenen Plätze überstiegen die Forderung des Europarates, nach der pro 10.000 Einwohnern ein Platz in einem Frauenhaus zur Verfügung stehen müsse, hieß es. “Noch immer ist in Österreich jede fünfte Frau von Gewalt im sozialen Nahbereich betroffen”, erklärte Frauenberger.
Neben den Frauenhäusern gibt es deshalb auch 54 Übergangswohnplätze für Frauen und Kinder, die keinen absoluten Schutzbereich mehr bräuchten, aber dennoch auf Unterstützung und Begleitung zurück in ein normales Leben angewiesen seien, so Frauenberger. Sie betonte zudem die Notwendigkeit der finanziellen Sicherung der Häuser durch die Stadt Wien, die zu 100 Prozent gegeben sei.
Frauenhäuser: Anfangs ein Tabuthema
Die Gründung des ersten Wiener Frauenhauses erfolgte laut Frauenberger “zu einem Zeitpunkt, wo das Thema Gewalt an Frauen noch ein sehr starkes Tabuthema war”. Ein großes Ziel sei es gewesen, diese Problematik erst einmal zu sensibilisieren. Martina Ludwig-Faymann, SPÖ-Gemeinderätin und Vorsitzende des Vereins Wiener Frauenhäuser, lobte die Entwicklung: “Es hat sich viel in unserem Angebot, aber auch in der gesellschaftlichen Akzeptanz und Sensibilisierung verändert”.
Insgesamt hielten sich über das vergangene Jahr verteilt 690 Frauen und 663 Kinder in den vier Einrichtungen auf. Das Augenmerk auf Kinder und Jugendliche habe sich zunehmend verstärkt. “Da viele von ihnen selbst Gewalt erlebten oder als Zeugen miterleben mussten, benötigen sie unsere ganze Aufmerksamkeit”, sagte Ludwig-Faymann.
Kampf gegen Unterdrückung an Frauen
Betroffene Frauen tragen ein hohes Risiko, erneut Opfer von Gewalt zu werden. Es sei eine große Herausforderung für Betroffene und Betreuende, dieser “Gewaltspirale” zu entkommen, so Frauenberger. “Unser oberstes Ziel ist es, die Unterdrückung und Gewalt an Frauen zu bekämpfen, aber auch zu zeigen, dass Gewalt an Frauen eine Menschenrechtsverletzung und niemals ein Kavaliersdelikt ist”, fügte sie hinzu. Die eigenständige Existenzsicherung sei dabei ein wichtiger Schritt.
Befragung von Frauenhaus-Bewohnerinnen
Der aktuelle inhaltliche Schwerpunkt der Wiener Frauenhäuser, der auch in einer Fachtagung erarbeitet wurde, behandelt die psychische Gewalt. Im Rahmen einer Studie der “Karmasin Motivforschung” wurden 55 Frauenhausbewohnerinnen nach ihren Erlebnissen befragt.
Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser, erklärte den Begriff: “Psychische Gewalt ist zielgerichtetes, über einen längeren Zeitraum andauerndes seelisches Quälen.” Die Absicht sei dabei die Zerstörung der anderen Persönlichkeit. Die Frauen berichteten von Gewaltformen der Abwertung, Bedrohung, Isolation, Machtdemonstrationen und Kontrollen. Mit einem Sujet wollen die Wiener Frauenhäuser vermehrt auf dieses Thema aufmerksam machen. “Wir müssen psychische Gewalt vermehrt thematisieren, Betroffenen einen Ausweg zeigen und rechtliche Schutzmaßnahmen verbessern”, so Brehm.
(apa/red)