18. Philosophicum Lech erörtert heuer Schuld und Sühne

Der Mensch als mündiges Subjekt sei schuldfähig und müsse daher für sein Tun einstehen, so Liessmann in seinem Editorial. Diese Ansicht sei aber ins Wanken geraten, da die Wissenschaft den Menschen immer mehr als ein durch Gene, Umwelt und Unbewusstes bestimmtes Wesen erkenne. In einer komplexen Gesellschaft, in der kaum jemand die Folgen seines Tun überblicke, frage man sich, wer für Ereignisse wie Atomreaktorunfälle und Finanzkrisen die Verantwortung trage. Zugleich werde der Ruf lauter, der Einzelne müsse mehr Verantwortung tragen, etwa für seine Gesundheit, für seine Bildung, seine Kinder, Alter und Sterben. “Wie steht es unter diesen Bedingungen um die Freiheit des Menschen, seine Verantwortung für andere und seine Selbstverantwortung?”, umriss Liesmann den Gegenstand.
Hochkarätige Teilnehmer
Nach einem philosophisch-literarischen Vorabend mit Liessmann und dem Autor Michael Köhlmeier startet das Symposium am 18. September mit einem Impuls-Forum zum Thema “Wer trägt die Verantwortung?”. Dabei diskutieren unter anderen Strafverteidiger Manfred Ainedter, Erhard Busek und der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke unter Moderation von NZZ-Chefredakteur Markus Spillmann. Im Anschluss an die folgende Eröffnung mit Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) hält der ehemalige Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle ein Referat zu Schuld und Sühne am Beispiel Ödipus.
Am Folgetag stehen Vorträge des russischen Komparatisten Alexander Belobratow, der Ethik-Professorin Maria-Sibylla Lotter, des Zürcher Wissenschaftsforschers Michael Hagner, des Philosophen und Journalisten Michael Schefczyk sowie die Verleihung des hochdotierten Essay-Preises “Tractatus” auf dem Programm. Am 20. September referieren die Moderatorin der Schweizer TV-Sendung “Sternstunde Philosophie” Barbara Bleisch, der Soziologe Harald Welzer, der Kieler Philosophie-Professor Ludger Heidbrink und der Hamburger Strafrechtler Reinhard Merkel. Den Abschluss am 21. September bilden Vorträge des forensischen Psychiaters Henning Saß und des Hirnforschers Gerhard Roth. Nach den Vorträgen erörtern die Referenten jeweils mit Liessmann oder “Presse”-Chefredakteur Rainer Nowak das Gehörte mit dem Publikum.
(APA)