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120 BPM - Kritik und Trailer zum Film

Paris Anfang der 1990er-Jahre: Mit Demonstrationen und Aktionen kämpfen Aktivisten der Bewegung "Act Up" gegen die Gleichgültigkeit der Öffentlichkeit und die Desinformationspolitik der Behörden beim Thema Aids. In "120 BTM" greift der französische Regisseur Robin Campillo das immer noch hochaktuelle Thema auf.

In Cannes gehörte das Aids-Drama “120 Battements par Minute” 2017 zu den großen Gewinnern und konnte sich über den Großen Preis der Jury freuen. In dem autobiografisch gefärbten Aktivistendrama blickt Regisseur Robin Campillo zurück auf die Zeit, in der wenige Kämpfer gegen alle Widerstände die Politik zwangen, die grassierende Aids-Epidemie in den Fokus zu nehmen.

120 BPM – Kurzinhalt

Der 55-jährige Campillo widmet sich in “120 Battements par Minute” einer Epoche, die auch in seiner eigenen Biografie eine zentrale Rolle einnahm: Der Kampf einiger Engagierter in den 1990ern gegen die Krankheit Aids, der die Mehrheitsgesellschaft noch mit großer Ignoranz begegnete. Der Film sucht dabei die Balance zwischen der politischen Aussage, der historischen Einordnung und deren Greifbarmachung anhand konkreter Schicksale.

Im Fokus des Geschehens steht die Aktivistengruppe Act Up, die sich in Paris – wie in vielen anderen Großstädten auch – nach Kräften müht, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nach zehn Jahren der grassierenden Seuche endlich auf die Krankheit zu lenken. Doch auch wenn die lesBiSchwule Community zunehmend unter dem Druck von Ansteckungen und Todesfällen in ihren Reihen zu leiden hat, unternimmt die Regierung von Präsident Francois Mitterrand wenig, um die Forschung voranzutreiben. Zugleich investieren Pharmakonzerne nicht in wirksame Heilmittel, und weite Teile der Bevölkerung zeigen wenig Interesse bis Ablehnung für das Leid der Kranken.

Gegen diese denkbar schlechte Ausgangslage gehen die Lesben und Schwulen an, die sich unter Führung von Thibault (Antoine Reinartz) bei Act Up versammelt haben, in dem sie teils spektakuläre Aktionen veranstalten. Sie dringen in Konzernzentralen ein und verspritzen Kunstblut, stören Reden von Politikern oder planen aufwendige Performancedemonstrationen. Zu den Proponenten gehören die durchsetzungsstarke Sophie (Adele Haenel, zuletzt mit “Die Blumen von gestern” im deutschsprachigen Kino präsent) und der charismatische Sean (Nahuel Perez Biscayart). Zu ihnen stößt Neuling Nathan (Arnaud Valois), und zwischen ihm und Sean bahnt sich alsbald eine Beziehung an, die davon überschattet wird, dass Sean bereits infiziert ist.

120 BPM – Die Kritik

Regisseur Campillo war selbst Act-Up-Aktivist der ersten Stunde und ist deshalb mit seinem Sujet vertraut, was der Narration an jeder Stelle anzumerken ist. Die langen Debatten der Gruppe über Strategien und Ideen kennt man aus der eigenen Studienzeit zur Genüge. Diese Act-Up-Gruppentreffen dienen als wiederkehrende Grundstruktur des beinahe zweieinhalb Stunden langen Films, wobei die Streitigkeiten angesichts des Gefühls, gegen eine Wand zu rennen, während einem die Zeit davonläuft, zunehmen.

Hier folgt “120 Battements par Minute” chronologisch den historischen Entwicklungen und vereint auf diesem Wege viele Protagonisten, deren Vita nicht notwendigerweise elaboriert geschildert wird. Nur langsam schälen sich aus dem Fluss auch Charaktere heraus, vor allem Sean und Nathan, die zugleich immer auch als Sinnbilder für zahlreiche Gleichgesinnte stehen, die ein ähnliches Schicksal erleiden müssen. Nur selten, aber dann umso eindrücklicher setzt Campillo – bis dato meist als Cutter tätig – auf poetischere Zwischenschnitte. Dann wandelt sich etwa Staub zu virenbefallenen Zellen und erlaubt ein kurzes Durchatmen im Trommelfeuer des harten Stücks Zeitgeschichte.

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(APA)

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