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„Es lebe der Tod“ in der Kunsthalle Wien

Die Ausstellung „Viva la Muerte“ zeigt, dass das Sterben und die Todesgewalt zwar hier wie dort das selbe ewige Endergebnis haben, der Umgang mit dem Tod jedoch kulturell höchst verschieden ist.

Nach Aspekten menschlicher Existenz wie der Liebe („True Romance“) oder „Traum und Trauma“ beschäftige sich die Kunsthalle nun mit der „ultimativen Seinserfahrung: dem Tod“, sagte Kunsthallen-Chef Gerald Matt am Dienstag bei der Pressepräsentation.

Der Tod ist nicht immer lustig. Und die Schau in der Kunsthalle verbreitet keine übermäßige Heiterkeit: Menschenknochen, schummrig beleuchtet, hängen in einer Installation von Cildo Meireles herab, darunter Münzen – „Wie man eine Kirche konstruiert“, heißt die Installation, und sie thematisiert die blutige Geschichte der Missionierung Lateinamerikas. Aus einem Hubschrauber heraus erschießen Männer in einem Video davonlaufende brasilianische Ureinwohner. Sensationsreporter-Fotos zeigen Momente des Todes und der Trauer. Auf Miniaturbildchen, die am Besten mit der Lupe zu durchsuchen sind, sind Aufnahmen verschwundener Kinder zu sehen. Und Teresa Margolles, die mit ihrem Leichentuch in der Kunsthalle 2003 für Aufregung gesorgt hat, hat jene Geräusche eingefangen, die beim Eindringen der Instrumente in Tote im Leichenschauhaus entstehen.

Neben der zynischen Lebensverweigerung, die im von Gewalt geprägten Lateinamerika aus der Allgegenwart des Todes entsteht, gebe es aber auch eine „ironische Lebensbejahung“, sagt Matt. Etwa beim „Dia de los Muertos“ in Mexiko, aber auch – als „Restrituale“ – bei Halloween und der Wiener „schönen Leich“. Hin und wieder steigt dann auch in der Kunsthallen-Schau aus dem Makabren die Groteske hervor:
Etwa wenn Jose Alejandro Restrepo – wie in einem früheren Anthropologie-Museum – die Zähne eines Wilden unter dessen Foto in einer Vitrine zeigt, und daneben, gleichsam auch als Ausstellungsstück, die runde Brille des dazugehörigen Forschers.

Die Schau, die im April im Centro Atlantico de Arte Moderno auf Gran Canaria zu sehen sein wird, gliedert sich in drei Themenbereiche: die religiös-rituelle Auseinandersetzung mit dem Tod, die anonymen Opfer des alltäglichen Sterbens und die politische Gewalt, schilderte Kurator Thomas Mießgang. Der Blick auf den Tod habe in Lateinamerika andere Prägungen erfahren: Die Gewalt der Drogenkartelle, die Brutalität der Diktatoren, die blutige Geschichte der Missionierung. Wie weit der in Werken von insgesamt 18 Künstlern aufgefächerte Unterschied in der Perzeption des Sterbens gehe, wolle die Kunsthalle nicht endgültig definieren – die Schau lebt in der Differenz, die sich dem Betrachter von „Kunst und Tod in Lateinamerika“ (so der Untertitel der Schau) erschließt.

Mit der Kunsthalle „im Tod vereint“ ist ab Samstag das Künstlerhaus, wie dessen Direktor Peter Bogner sagte: In der Ausstellung „exitus. tod alltäglich“ (bis 6. 1. 2008) wird die Wiener bzw. westliche Sicht auf den Tod präsentiert. So könne man in Wien als „Stadt der Todessehnsucht“ den Tod „in seiner ganzen Bandbreite“ betrachten, so Bogner. Eines jedoch sei die Kunsthallen-Ausstellung nicht: Mit Absicht auf Allerheiligen und Allerseelen hin programmiert. Dass die Schau zu diesem Zeitpunkt zu sehen sei, sei „reiner Zufall“, betonte Matt.

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