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„Das Dreieck meiner Kindheit“

Eine Ausstellung aktiviert den Schauplatz des ehemaligen Gemeindehauses in der Herklotzgasse 21. Dabei wird die jüdische Geschichte des Grätzels aufgerollt.

Nicht viele Fünfhauser wissen um die Geschichte der ehemaligen jüdischen Vorstadtgemeinde näher Bescheid. Eine Ausstellung der Agentur „dieloop“ beleuchtet nun auf eindrucksvolle Weise die Vergangenheit rund um die Herzklotzgasse 21: „Das Dreieck meiner Kindheit“ verbindet archivarische Recherche mit der lebendigen Erinnerung von Menschen, die hier aufwuchsen und aus dem Grätzel fliehen konnten. Zwölf der fünfzehn Überlebenden, die überwiegend in Israel interviewt wurden, gingen in der Herklotzgasse 21 in den Kindergarten, andere besuchten den Turnverein „Makkabi XV“ oder waren Mitglieder der zionistischen Jugendorganisationen. Sie sangen im Kinderchor des Turnertempels und besuchten die Talmud-Thora-Schule in der „Storchenschul“. Neunzehn Videostationen und umfangreiches Bildmaterial thematisieren den Alltag und die Erfahrungen jüdischer Familien in dieser Umgebung. Sie folgen den Schritten der Ausgrenzung, Beraubung, Vertreibung und Flucht, der Ermordung und des Neubeginns in Palästina. Die Erinnerung der Überlebenden und ihrer in Israel geborenen Kinder, die sich mit den kulturellen Wurzeln ihrer Eltern auseinandersetzen, schlagen eine Brücke zur Gegenwart.

„In meinen Kindheitserinnerungen ist dieses Dreieck Herklotzgasse 21, der Turnertempel und die ‚Storchenschul‘, ähnlich einer Burg mit drei Türmen umgeben von einem drohenden Vulkan, welcher jederzeit ausbrechen hätte können“, so gab Moshe Jahoda der Ausstellung als erster Interviewpartner ihren Namen. Während in Wien kaum eine Erinnerung an das jüdische Leben in Rudolfsheim-Fünfhaus besteht, stießen die Projektbetreiber in Israel und anderen neuen Heimatländern auf eine Gemeinschaft der Erinnerung. Ihre Fragen wurden weitergereicht, großzügig beantwortet und mit reichem Bildmaterial illustriert. Judith Pühringer, eine der Projektinitiatoren: „Wir trafen auf verschiedene Persönlichkeiten, die fast siebzig Jahre ihr Leben auf unterschiedlichste Weise gestaltet haben und die als ehemalige Mitglieder der Gemeinde, die das Glück hatten zu überleben, nicht auf die Rolle von ‚Überlebenden’ reduziert werden wollten.“ Eine Gruppe von Überlebenden und ihre Kinder werden eine Woche lang in Wien sein und in das umfangreiche Rahmenprogramm der Ausstellung mit Workshops, Führungen und Veranstaltungen eingebunden sein. Ein im Mandelbaum-Verlag erschienenes Buch zur Ausstellung dokumentiert die Erinnerungen der Zeitzeugen, die Geschichte der jüdischen Vorstadtgemeinde Sechshaus und die Vorgänge in der NS-Zeit.

Heuer jähren sich die tragischen Ereignisse der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 zum siebzigsten Mal. Aus diesem Anlass veranstaltet die Bezirksvorstehung mit „dieloop“ eine Gedenkveranstaltung. Schauplatz ist am 9. November ab 10.30 Uhr das „brick-5“ in der Herklotzgasse 21, wo es am Vormittag eine Filmmatinee mit der Dokumentation „Casablanca – Von den guten Zeiten in den schlechten Zeiten“ gibt: eine Aufarbeitung dreier Emigranten-Schicksale. Danach sprechen Zeitzeugen über ihre Erinnerungen.
Nach einem Mittagsbuffet führt das „dieloop“-Team, das sich seit Monaten mit den jüdischen Spuren im 15. Bezirk auseinandersetzt, durch die Ausstellung „Das Dreieck meiner Kindheit“ und danach zu den jüdischen Spuren in den Straßen von Rudolfsheim-Fünfhaus. Den Höhepunkt bildet gegen 16 Uhr die Veranstaltung in der Turnergasse, wo sich früher der Turnertempel befand. Im Rahmen dieser stimmungsvollen Zeremonie werden auch Vertreter der Weltreligionen anwesend sein, um das friedliche Miteinander zu unterstreichen. Bei Schlechtwetter findet die Schlusszeremonie im „brick-5“ statt.

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