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Von Polizisten niedergeschossen: 37-Jährige vor Gericht - Prozess vertagt

Jene 27-jährige Frau, die von Polizisten niedergeschossen worden war, musste am Mittwoch vor Gericht aussagen.
Jene 27-jährige Frau, die von Polizisten niedergeschossen worden war, musste am Mittwoch vor Gericht aussagen. ©APA
Im Wiener Straflandesgericht hat am Mittwoch die Verhandlung gegen eine 37-jährige Frau begonnen, die am 7. März 2012 in ihrer Wohnung in der Goldschlagstraße in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus von Polizisten niedergeschossen wurde. Die psychisch kranke ehemalige Rechtsanwalts-Gehilfin war im Glauben, es handle sich um Einbrecher, als sie auf die Beamten mit zwei Küchenmessern losgegangen war. Der Prozess wurde auf den 25. September 2012 vertagt.
Prozess startet
Bilder vom Tatort
Polizei schoss neun Mal
Frau bei Einsatz angeschossen

Die Frau musste im Rollstuhl in den Gerichtssaal gebracht werden. Sie leidet körperlich erheblich an den Folgen der erlittenen Schussverletzungen und befindet sich seit Anfang August in stationärer Behandlung im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.

Wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien auf APA-Anfrage erklärte, sind die Erhebungen gegen den Schützen mittlerweile abgeschlossen. Der entsprechende, der Amtsverschwiegenheit unterliegende Vorhabensbericht, der entweder die Verfahrenseinstellung oder einen Antrag auf Bestrafung enthält, wird derzeit von der Oberstaatsanwaltschaft geprüft.

Der Frau hätte die Anklagebehörde absichtliche schwere Körperverletzung angekreidet, wäre diese von Gerichtspsychiaterin Sigrun Rossmanith infolge ihrer paranoiden Schizophrenie nicht als zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig eingestuft worden. Da die 37-Jährige von Rossmanith aber als derart gefährlich angesehen wird, dass bei ihr mit neuerlichen Straftaten mit schweren Folgen zu rechnen ist, forderte Staatsanwältin Bettina Rudl den Schöffensenat (Vorsitz: Thomas Kreuter auf), die Frau unbefristet in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen.

“Wollte niemandem Böses tun”

“Das ist nicht das Thema, dass meine Mandantin bei den letzten beiden Schüssen bereits am Rücken gelegen ist. Das Thema ist, dass meine Mandantin krank ist. Sie konnte zum Tatzeitpunkt gar nicht wissen, was sie tut. Bei ihr ist ein Film abgelaufen, der die schlimmste Horrorvorstellung übertrifft”, stellte Markus Dörfler, der Rechtsvertreter der 37-Jährigen, einleitend fest.Diese beschrieb die Frau, die selbst die Polizei und die Feuerwehr wegen eines angeblichen Feuers an ihre Adresse gerufen hatte, im Anschluss in ihrer ausführlichen Einvernahme. Es habe plötzlich an ihrer Tür geklopft, sie habe durch das Guckloch im finsteren Gang nur “Umrisse von Personen” erkannt und ein “unfreundliches Murmeln” wahrgenommen: “Ich hatte den Eindruck, bei mir bricht jemand ein. Für mich waren das räuberische Einbrecher, wo ich Angst hatte.”

Als die Feuerwehr die Wohnungstür aufgebrochen hatte und sich insgesamt fünf Polizeibeamte in die Wohnung begeben hatten, befand sich die 37-Jährige bereits mit zwei je 20 Zentimeter langen Küchenmessern im versperrten Badezimmer: “Ich wollte abschreckend wirken. Das ist mir – muss ich leider sagen – offensichtlich auch gelungen. Sonst hätte man nicht auf mich geschossen.”

Als zwei Polizisten die Badezimmertür gewaltsam öffneten, weil sie vermeinten, dort sei etwas passiert, “bin ich kreischend aus der Dusche gesprungen”, schilderte die 37-Jährige. Sie behauptete, keine Stichbewegungen gemacht zu haben. Die Beamten seien davon, sie hinterher gelaufen. Dann fielen Schüsse: “Ich kann mich nur an das Geräusch erinnern und hab’ keine Bilder dazu. Die hat mein Gedächtnis gelöscht. Wahrscheinlich, um mich zu schützen, dass ich das nicht noch mal durchmachen muss.”

“Sie wollte sich verteidigen. Sie hat wahnsinnige Angst gehabt”, betonte der Verteidiger. Seit dem Vorfall befinde sich seine Mandantin in Behandlung und bekomme Medikamente: “Die Behandlung schlägt an. Sie ist nicht mehr gefährlich.”

Prozess wurde auf den 25. September vertagt

Das Krankheitsbild der 37-jährigen Frau sowie die diese betreffende Gefährlichkeitsprognose von Gerichtspsychiaterin Sigrun Rossmanith wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit erörtert. Zeugenschaftlich vernommen wurde einer der beiden Beamten, auf die die Frau laut Staatsanwaltschaft in ihrem Badezimmer losgegangen war. Der zweite Polizist, der auf die Frau insgesamt neun Schüsse abgefeuert hatte, kam nicht mehr an die Reihe. Er und zahlreiche weitere Zeugen werden beim nächsten Termin am 25. September befragt.”Mir ist die Situation seltsam vorgekommen”, schilderte der 28-jährige Polizist, der wegen eines vorgeblichen Wohnungsbrands an die Adresse der 37-Jährigen gerufen worden war. In Wahrheit hatte die Frau – vermutlich infolge eines schizophrenen Schubs – geglaubt, ihr darunter wohnender Nachbar leite “violette Flammen” bzw. Nervengas in ihre Räumlichkeiten. Sie hatte zur Eindämmung des vermeintlichen Feuers die Wohnung unter Wasser gesetzt, indem sie sämtliche Wasserhähne aufdrehte. Von der Erkrankung der Wohnungsbesitzerin wussten die Polizisten nichts.

Polizist wurde bei Angriff verletzt

Man habe die Frau zunächst hysterisch schreien gehört, gab der Beamte zu Protokoll: “Wir sind dann rein, weil wir keine Schreie mehr vernommen haben und davon ausgegangen sind, dass etwas passiert sein könnte.” Im Badezimmer sei die Frau plötzlich mit den Messern aus der Duschkabine gesprungen: “Sie war bereit, um mich anzugreifen. Ich hatte weder Zeit den Pfefferspray noch die Waffe zu ziehen. Es war einfach zu spät. Ich habe nur mehr versucht, die Messer, die gegen meine Stirn gerichtet waren, abzuwehren.”

Es habe sich um “wuchtige Stichbewegungen” gehandelt, betonte der Polizist. Außer einer Schnittwunde am linken Daumen und Abschürfungen an den Fingerrücken sowie der Stirn konnten bei ihm aber keine Abwehrverletzungen nachgewiesen werden. Staatsanwältin Bettina Rudl führte das auf die Raulederhandschuhe zurück, die der Polizist bei dem Einsatz an hatte: “Es sind glückliche Umstände, dass er nicht schwerer verletzt wurde.”

(APA/Red)

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