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Schüsse bei Familienstreit in Wien-Floridsdorf: Prozessbeginn

Eine blutige Familienfehde landete in Wien vor Gericht
Eine blutige Familienfehde landete in Wien vor Gericht ©APA (Sujet)
Eine blutige Familienfehde, die sich im Oktober 2014 in Wien-Floridsdorf ereignet, war am Donnerstag ein Fall für das Gericht in Wien. Auslöser sei eine Ehrenbeleidigung wegen der Tochter der Familie gewesen, hieß es.
Wurde Frau beleidigt?
Familienstreit eskalierte
Vier Schwerverletzte
Schüsse in Wien
Bilder vom Tatort

Wegen einer blutigen Familienfehde, die im vergangenen Oktober auf einer Grünfläche in Wien-Floridsdorf völlig aus dem Ruder lief, haben sich am Donnerstag sechs Männer vor Gericht verantworten müssen.

Frau eng umschlungen mit Fremdem

Auslöser des Streits war ein Foto einer jungen Frau im Arm eines Mannes, was für deren Vater eine Ehrenbeleidigung bedeutete. Am Ende waren vier Männer teils schwer verletzt.

Die beiden Familien stammten aus dem gleichen Dorf in Tschetschenien, lebten aber bereits seit Jahren in Wien und in der Steiermark. Im Oktober machte plötzlich das Foto der Tochter des 48-Jährigen die Runde. Schnell war ein 42-Jähriger als Verbreiter ausfindig gemacht, er soll das Bild fünf bis sechs Leuten aus der Heimat gezeigt haben. Zu viel für den Vater der Frau, der allerdings seit drei Jahren keinen Kontakt mehr zur Tochter hat.

Eskalation auf Wiese in Floridsdorf

Auf einer Wiese in Floridsdorf wurde ein Treffpunkt ausgemacht, um sich auszusprechen. Ab da scheiden sich die Aussagen der Männer, die sich vor Einzelrichter Norbert Gerstberger nur teilweise schuldig bekannten. Beide Parteien sprachen von Notwehr.

Der 42-Jährige gab an, dass auf ihn eingeprügelt und mit einem Messer eingestochen worden sei, daraufhin habe er eine Waffe gezogen und “in den Boden geschossen”. Mit einer serbischen Zastava schoss er auf den Vater der Frau sowie zwei weiteren Familienmitgliedern in die Beine. Der 48-Jährige erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass er in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden musste und sich bis heute in stationärer Behandlung befindet, wie seine Anwältin Sonja Scheed ausführte.

Schüsse bei Familienstreit

Die Kontrahenten des 42-Jährigen erzählten hingegen eine ganz andere Geschichte. Kaum hätte die Unterredung begonnen, “hat er hinten aus der Hose die Pistole gezogen und sofort geschossen”. Um ihn am Schießen zu hindern, hätten die Familienmitglieder auf ihn eingeprügelt.

Die sechs Männer waren wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung bzw. schwerer Körperverletzung angeklagt. Ein siebentes Familienmitglied saß ebenfalls auf der Anklagebank, weil er mit seinen Verwandten in der Steiermark zudem einen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahl begangen haben soll, indem sie in einem Supermarkt Lebensmittel und Alkoholika im Wert von 1.340 Euro mitgehen lassen wollten.

Versöhnungszeremonie vor Gericht

Keiner der Angeklagten wollte seine erlittenen Verletzungen vor Gericht geltend machen. Der 42-jährige Hauptangeklagte und sein 48-jähriger Kontrahent versöhnten sich vor einem extra herbeigeholten Imam der Gefängnisseelsorge. Mit der Hand auf dem Koran versprach der Jüngere, Gewalttätigkeiten gegenüber der anderen Familie zu unterlassen. Danach gaben sich die beiden die Hand und umarmten sich.

Schwerverletzte bei blutiger Familienfehde

Die schwersten Verletzungen mit einem Oberschenkeldurchschuss sowie einer Zerreißung des Kniegelenks erlitt laut Gerichtsmediziner Wolfgang Denk der 48-Jährige. Am Donnerstag humpelte er auf Krücken in den Verhandlungssaal. Seinen Verwandten – ein 20- sowie ein 24-Jähriger – wurde in den Unterschenkel bzw. in den Vorfuß geschossen. Der 42-jährige Kontrahent erlitt Stichwunden im Gesäßbereich, eine Schädelprellung, einen Nasenbein- und Kieferbruch und verlor einige Zähne.

Unklarheiten um Waffe

Der 42-Jährige benötigte für seine Einvernahme vor Richter Norbert Gerstberger über eine Stunde, da er sich immer wieder in widersprüchliche Angaben verstrickte. Laut Anklage habe er die Waffe plötzlich auf der Wiese liegen sehen und an sich genommen. Vor Gericht gab er nun an, die Pistole aus dem Auto geholt zu haben, weil er Angst hatte. Die Waffe sei jedoch nicht geladen gewesen. “Immerhin hat sie (die Waffe, Anm.) geschossen nachher. Das war dann ein Wunder oder wie”, meinte Gerstberger. Die gegnerische Familie gab jedoch an, der 42-Jährige habe sofort zu schießen begonnen, also musste er die Pistole am Körper getragen haben.

Erinnerungslücken beim Prozess

An viel konnte sich der Mann vor Gericht nicht mehr erinnern, weil er mehrere Male aufgrund der erlittenen Schläge ohnmächtig geworden sei. Immer wieder bat Gerstberger, der Angeklagte möge “auf den Punkt” kommen: “Ich habe keine Ahnung, ob das in Tschetschenien so üblich ist. Kein Wunder, dass das Land so am Boden ist.”

Die Verhandlung ist nur für einen Tag anberaumt, ob es jedoch noch am Donnerstag zu Urteilen kommen wird, ist fraglich. Zu Mittag waren erst zwei der sieben Angeklagten einvernommen worden, zudem standen sieben Zeugenaussagen auf dem Programm.

(apa/red)

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