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Prozess um "12-jährigen" Taschendieb: Jugendamt nicht informiert

Die Kinder landeten vor dem Wiener Straflandesgericht
Die Kinder landeten vor dem Wiener Straflandesgericht ©VIENNA.AT/Alexander Blach (Sujet)
Wie nun bekannt wurde, war das Jugendamt über den Prozess gegen den womöglich erst zwölfjährigen Taschendieb vom Freitag im Wiener Straflandesgericht nicht informiert. Der Bub war nach 16 Tagen im Gefängnis im Zweifel freigesprochen worden. Auch ein Mädchen steht demnächst vor Gericht.
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Amtsarzt schätzt Alter falsch

“Wir haben von der Verhandlung nichts gewusst und keine Ladung bekommen”, sagte Jugendamtssprecherin Herta Staffa.

Jugendamt hätte bei Prozess sein müssen

Dabei “braucht es bei einem Prozess gegen einen Minderjährigen, egal ob er zwölf, 14 oder 16 Jahre alt ist, einen gesetzlichen Vertreter”, erläuterte Staffa. Wenn die Eltern, wie im Fall des Buben, nicht greifbar sind, “dann sind wir zu verständigen”, sagte die Sprecherin.

Bub hatte keine Meldeanschrift

Richter Andreas Hautz hatte das Jugendamt nicht zur Verhandlung geladen, weil der Bub auf der Straße lebte und über keine Meldeanschrift verfügte. Er hielt sich nur an einzelnen Tagen und auch da immer nur stundenweise bei der “Drehscheibe” – einer sozialen Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – auf.

Zum gesetzlichen Vertreter hatte der Richter den Verteidiger des Burschen bestimmt. Das ist in Fällen üblich, in denen der Aufenthaltsort der Eltern von jugendlichen Angeklagten nicht bekannt ist oder es keinen Kontakt zwischen Eltern und Kindern gibt.

Ähnlicher Fall: Nächste Verhandlung steht bevor

Der minderjährige Taschendieb, der nach seiner Enthaftung von der Bildfläche verschwunden ist, ist kein Einzelfall. Am kommenden Freitag muss sich im Straflandesgericht ein Mädchen verantworten, das derselben “Kinderbande” angehört haben soll wie der untergetauchte Bursch.

Womöglich minderjährige Taschendiebe gefasst

Die beiden waren gemeinsam am 22. Jänner festgenommen worden. Als die kindlich wirkenden Verdächtigen in die Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt eingeliefert wurden, schlugen nach der APA vorliegenden Informationen der Tageskommandant sowie die Leiterin der Jugendabteilung in der JA unverzüglich bei Gericht Alarm: Sogar die Justizwache hatte Zweifel an der Strafmündigkeit der mutmaßlichen Diebe.

Ein Amtsarzt stufte die beiden allerdings nach einer Untersuchung auf jedenfalls über 14 ein. Obwohl die Betroffenen versicherten, unmündig zu sein, wurde über sie die U-Haft verhängt.

Alter des Mädchens: 14 oder 16?

Im Fall des Mädchens war dafür mit ausschlaggebend, dass sie am Rand ihrer Einvernahme bei der Polizei zugegeben haben soll, in Wahrheit 16 zu sein.

Was für die Staatsanwaltschaft ein Beweis dafür war, dass ihre ursprüngliche Altersangabe inhaltlich unrichtig war, könnte jedoch einen anderen Hintergrund gehabt haben: Die Beamten hatten, als das Mädchen sich eine Zigarette anzünden wollte, ihr im Hinblick auf die von ihr behauptete Minderjährigkeit das Rauchen untersagt. Daraufhin gab das Mädchen – angeblich in “pampigem” Tonfall – an, sie sei eh schon 16.

Zahnärztliches Gutachten soll Alter klären

Zumindest auf Fotos soll das Mädchen noch jünger ausschauen als der nur 1,55 Meter große, schmächtige und äußert kindlich wirkende Bursch, dem der Richter im Zweifel glaubte, das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet zu haben. Die Richterin, die am Freitag gegen das Mädchen wegen gewerbsmäßigen Diebstahls als Mitglied einer kriminellen Vereinigung verhandeln wird, hat ein zahnärztliches Gutachten zur Klärung der Altersfrage in Auftrag gegeben, das maßgebliche Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens haben wird.

(apa/red)

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