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Heinz Fischer wendet sich mit einem Brief an die Votivkirchen-Flüchtlinge

Klare Worte fand Bundespräsident Heinz Fischer in seinem Brief an die Flüchtlinge.
Klare Worte fand Bundespräsident Heinz Fischer in seinem Brief an die Flüchtlinge. ©APA
Einer der Flüchtlinge aus der Wiener Votivkirche hatte sich in der vergangenen Woche mit einer E-Mail an Bundespräsident Heinz Fischer gewandt. Nun liegt die Antwort in Briefform vor. Darin sagt Fischer, "was ich tun kann bzw. was wir mit vereinten Kräften tun können und was wir nicht tun können." Er drückte zudem sein Verständnis für die "im höchsten Maße unbefriedigende Lage" der Flüchtlinge aus, betonte aber auch, dass man nur im Rahmen der geltenden Gesetze zu helfen könne.
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Seit Mitte Dezember halten sich rund 50 Flüchtlinge aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen in der Wiener Votivkirche auf. Dort wollen sie bleiben bis ihre Forderungen erfüllt werden. Einer der Männer hat sich am 9. Februar an den Bundespräsidenten gewandt und um Hilfe gebeten. Am Donnerstagabend wurde eine Antwort übermittelt.

Heinz Fischers Brief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr S.K.!
Ich habe Ihr Mail vom 9. Februar erhalten und sorgfältig gelesen und versuche, Ihnen nach bestem Wissen und Gewissen zu antworten. Schon in den vergangenen Wochen habe ich immer wieder darüber nachgedacht, ob und wie man Ihnen und den anderen in der Votivkirche aufhältigen Flüchtlingen helfen kann. Denn Menschen, die all das auf sich nehmen, was Sie und die von Ihnen erwähnten Personen auf sich nehmen, verdienen es, ernst genommen zu werden. Das war auch der Inhalt von Gesprächen, die ich mit Frau Innenministerin Mag. Mikl-Leitner und mit Vertretern der Caritas geführt habe, die sich ebenfalls Sorgen um Ihre Gesundheit und Ihr Schicksal machen. Daher möchte ich klar und deutlich sagen, was ich tun kann bzw. was wir mit vereinten Kräften tun können und was wir nicht tun können. Wir können uns auch in einer tragischen und heiklen Situation nicht über die Gesetzeslage, über Gerichtsentscheidungen oder über die Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche in Österreich hinwegsetzen. In dieser Beziehung gibt es offenbar einen Unterschied zwischen Österreich und den Erfahrungen, die Sie vielleicht in anderen Ländern gemacht haben. Was wir aber tun können und auch gerne tun wollen ist, Ihre derzeitige gesundheitsgefährdende und für alle Beteiligten im höchsten Maße unbefriedigende Lage zu verbessern und im Rahmen der geltenden Gesetze zu helfen. Wenn Sie sich entscheiden könnten, das Angebot des Herrn Kardinals anzunehmen und unter dem Schutz der Kirche in das angebotene Quartier zu übersiedeln, wäre das ein wichtiger und positiver Schritt in die richtige Richtung. Damit wäre auch eine Grundlage geschaffen, damit in Gesprächen mit jedem einzelnen Betroffenen eine individuelle Perspektivenabklärung erfolgen kann. Es muss aber in diesem Zusammenhang noch einmal betont werden, dass die verfassungsmäßigen Rechte des österreichischen Bundespräsidenten keine Grundlage dafür schaffen, dass ich mich in einzelne Verfahren einschalte. Auch sieht die österreichische Rechtslage so etwas wie ein allgemeines Bleiberecht nicht vor. Ich bitte Sie, Vertrauen zu haben in die Zusage der Frau Innenministerin, dass für jeden einzelnen von Ihnen eine rasche Abklärung der individuellen rechtlichen Situation und der individuellen Perspektiven durchgeführt wird. Dazu ist es aber notwendig, dass Sie die Kirche verlassen. Ich hoffe, Sie spüren und glauben mir, dass ich Ihnen wirklich helfen möchte, aber ich kann meinen verfassungsmäßigen Spielraum nicht überschreiten und bin außerdem überzeugt, Ihnen mit diesem Vorschlag am besten zu helfen. Der Inhalt dieses Schriftwechsels ist sowohl dem Herrn Kardinal als auch der Frau Bundesministerin für Inneres bekannt.
Ich bleibe mit besten Grüßen Dr. Heinz Fischer

Flüchtlinge zeigten sich erfreut

Die Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche haben den an sie gerichteten Brief von Bundespräsident Heinz Fischer sehr positiv aufgenommen. Das erklärte der Sprecher der Caritas Wien, Klaus Schwertner, am Donnerstag. Ob das Schreiben allerdings Einfluss auf die weitere Entwicklung haben wird, lasse sich noch nicht abschätzen. “Die Flüchtlinge haben sich sehr gefreut, dass der Bundespräsident auf ihr Schreiben geantwortet hat. Aus Sicht der Caritas ist es ein gutes Signal, dass er zuerst die konkreten Menschen im Blick hat, ihre Verzweiflung und ihre Not”, so Schwertner. Gleichzeitig habe der Präsident im Brief klargestellt, dass in Österreich niemand über dem Gesetz stehen kann. Ob der Brief Einfluss darauf haben kann, wie es nun weitergeht, könne noch nicht beurteilt werden.Die Caritas äußerte einmal mehr ihre Sorge über den Gesundheitszustand der Betroffenen in der Kirche. In den vergangenen zwei Tagen habe es rund 15 Rettungseinsätze gegeben. (APA/ Red.)

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