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Zypern: Eier-Empfang für Jack Straw

Von Tumulten überschattet war der Zypern-Besuch des britischen Außenministers Jack Straw. Griechisch-zypriotische Demonstranten warfen in Nikosia Eier gegen den Wagen des britischen Regierungsmitglieds.

Straw wurde nicht getroffen. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Ein Demonstrant sei leicht verletzt worden, berichtete der zypriotische Rundfunk. Der Zwischenfall ereignete sich nach einem Treffen Straws mit dem zypriotischen Außenminister Georgios Iacovou. Die Stimmung sei so schlecht gewesen, dass es keine gemeinsame Pressekonferenz und keine Statements gab, berichtete der Rundfunk. Zypern war vor 1960 britische Kronkolonie. Großbritannien ist zusammen mit der Türkei und Griechenland Garantiemacht für die Insel.

Die Demonstranten protestierten gegen die Absicht Straws, den türkisch-zypriotischen Volksgruppenführer Mehmet Ali Talat in dessen offizieller Residenz im türkisch besetzten Norden der geteilten Mittelmeerinsel zu besuchen. Sie empfanden das als indirekte Anerkennung der international nur von der Türkei anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ (KKTC). In ungewöhnlich scharfer Form warf der zypriotische Regierungssprecher dem britischen Minister vor, er sei „nicht neutral“ in seinen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts.

Straw wies die Vorwürfe zurück. Sein Besuch im Norden sei „keineswegs eine Anerkennung“ des türkischen Separatstaates. Die andauernde Teilung Zyperns sei jedoch schlecht für alle: „Sie ist schlecht für die Insel, schlecht für das östliche Mittelmeer und auch schlecht für die EU“, sagte Straw. „Großbritannien ist besorgt, dass in den vergangenen Monaten keine Initiativen zur Überwindung der Teilung Zyperns registriert wurden.“

Völkerrechtlich ist die ganze Insel seit 2004 EU-Mitglied, doch findet das Regelwerk der Union im Norden keine Anwendung. Der von UNO-Generalsekretär Kofi Annan vorgelegte Wiedervereinigungsplan, der einen Bundesstaat aus zwei ethnischen Kantonen zum Ziel hat, war von den griechischen Zyprioten in einem Referendum verworfen worden, weil er der überwiegenden Mehrheit der nach der türkischen Invasion 1974 vertriebenen 200.000 griechischen Zyprioten und deren Nachkommen die Rückkehr in ihre Heimatorte verwehrte, zugleich aber vorsah, dass ein großer Teil der von der Türkei angesiedelten 110.000 Festlandtürken und der schätzungsweise 35.000 bis 40.000 Mann starken türkischen Truppen auf der Insel bleiben kann.

Der türkische Außenminister Abdullah Gül hatte am Dienstag einen neuen Plan zur Wiedervereinigung Zyperns vorgestellt. Die Türkei bietet die Öffnung ihrer Häfen für zypriotische Schiffe an, wenn zum Ausgleich Beschränkungen für die türkischen Zyprioten aufgehoben werden.

Cherie Blair, die Ehefrau des britischen Premiers Tony Blair, hatte bei der zypriotischen Regierung Empörung hervorgerufen, weil sie als Rechtsanwältin die britische Erwerberin eines Ferienhauses vertritt, das im türkisch besetzten Norden liegt. Das Gebäude steht nach Auffassung der zypriotischen Justiz auf einem illegal gekauften Grundstück eines griechischen Zyprioten, der nach der türkischen Militärintervention 1974 aus dem Norden geflüchtet war. Der Alteigentümer klagte vor einem britischen Gericht.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte von 1998 und Sanktionsdrohungen des Europarates hatte die Türkei 2003 einer griechischen Zypriotin, die nach der türkischen Invasion enteignet und vertrieben wurde, 1,12 Millionen Euro Entschädigung zahlen müssen.

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