Londoner ebenso wie Touristen verharrten vor dem Parlamentsgebäude in Schweigen. Busse und Taxen sowie Privatfahrzeuge hielten auf der Straße an. Überall gedachten die Menschen der Opfer der Terroranschläge vor einer Woche.
Überall in London strömten Arbeiter und Angestellte am Donnerstag kurz vor Mittag aus ihren Büros und Betrieben. Ganze Kolonnen von Bauarbeitern setzten ihre Helme ab und senkten schweigend die Köpfe. In der belebten Oxford Street, der wichtigsten Einkaufsstraße der britischen Hauptstadt, kam das rege Treiben abrupt zum Erliegen. Die fast schon gespenstige Stille wurde nur vom Läuten einiger Kirchenglocken unterbrochen.
Eine besondere Veranstaltung fand vor dem Bahnhof Kings Cross statt, wo die meisten der mindestens 52 Todesopfer ums Leben gekommen waren. Der Stationsvorsteher Ken Leach trat vor die zahlreichen Versammelten und sagte: Schweigend wollen wir uns all derer erinnern, die vor einer Woche am Kings Cross ihr Leben verloren haben, sowie all der anderen, die an jenem Tag in unserer Stadt infolge der Anschläge umgekommen sind. Anschließend schwieg die Menge zwei Minuten lang.
Schon zuvor hatte der Londoner Bürgermeister Ken Livingstone am Bahnhof Kings Cross einen Kranz niedergelegt. Hunderte Menschen sahen ihm dabei zu. Anschließend warteten sie bis zur Mittagsstunde, um die Toten noch einmal zu ehren. Auch auf dem zentralen Platz Trafalgar Square hatten sich tausende Menschen zu den Gedenkminuten versammelt. Viele schlossen die Augen und falteten die Hände zum Gebet.
Unweit von Kings Cross wandte sich auch der Fahrer des Doppeldecker-Busses, dessen Oberdeck vor einer Woche von einer Bombe zerrissen wurde, an die versammelten Menschen. Während wir hier schweigend beieinander stehen, wollen wir gemeinsam eine klare Botschaft an die Terroristen aussenden: Ihr werdet uns nicht besiegen, und Ihr werdet unseren Willen nicht brechen, sagte George Psaradakis. Er hat den Anschlag auf seinen Bus überlebt, bei dem 13 Menschen ums Leben kamen.
Premierminister Tony Blair unterbrach ein Treffen mit Polizeibeamten in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street und begab sich mit seinen Gästen in den Garten, um dort die Schweigeminuten zu begehen. In beiden Häusern des Parlaments, dem Unter- und dem Oberhaus, wurden die Debatten zwei Minuten lang ausgesetzt. Königin Elizabeth II. erschien vor dem Haupteingang zum Buckingham-Palast, um dort mit der Öffentlichkeit an dem Gedenken teilzunehmen.
Das Fernsehen übertrug derweil Bilder von den Anschlägen. Wieder konnten die Zuschauer die rauchgeschwärzten Gesichter von Menschen sehen, die in Panik aus den betroffenen U-Bahn-Stationen strömten. Wieder sah man auch die Sanitäter, die sich aufopfernd um die Verletzten kümmerten. Ähnliche Bilder zeigten auch viele Fernsehsender in anderen Ländern, denn auch im Ausland fand der Aufruf zum öffentlichen Gedenken an die Terroropfer breiten Widerhall.
In der nordenglischen Stadt Leeds, wo mindestens zwei der mutmaßlichen Attentäter gewohnt haben sollen, beteiligten sich auch Muslime gezielt an den Schweigeminuten. Sie versammelten sich vor einem Wohnzentrum für Behinderte, dem Arbeitsplatz von einem der Tatverdächtigen. Andere gingen zur nahe gelegenen Moschee in der Stratford Street, wo der örtliche Imam die Menge ansprach. Wir verurteilen diese Terroristen und was sie getan haben, erklärte der Geistliche Munir Shah. Wir lehnen es ab, sie überhaupt als Muslime zu bezeichnen – sie sind keine. Der Islam duldet und lehrt keinen Mord an unschuldigen Menschen.
Auch das offizielle Österreich gedachte der Londoner Terroropfer
In der Hofburg und im Bundeskanzleramt ist am Donnerstag um 13:00 Uhr ebenfalls der Opfer der Terroranschläge von London gedacht worden. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel erinnerte vor einem offiziellen Mittagessen mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Jiri Paroubek daran, dass Österreich eine EU-weite Trauerminute zum Gedenken der Terroropfer für diesen Donnerstag um 12.00 Uhr Londoner Ortszeit (MEZ 13.00 Uhr) vorgeschlagen hatte. Ähnliche Initiativen waren von der EU nach dem Madrider Bombenanschlag ausgegangen.
Die Präsidentschaftskanzlei schloss sich auf Veranlassung von Bundespräsident Heinz Fischer dem europaweiten Gedenken an die Opfer der Terroranschläge von London an. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Präsidentschaftskanzlei wurden in diesem Sinne informiert und zu einer Schweigeminute aufgefordert, hieß es in einer Aussendung der Hofburg.