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Zwei Jahre Schwarz-Blau

Eine Kursänderung der Bundesregierung verlangt ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch. Die Konflikte zwischen ÖVP und FPÖ sieht auch er als reinen „Theaterdonner“.

„Schon aus Gründen des Machterhalts wird die Regierung weiter bestehen“, ist der ÖGB-Präsident überzeugt. Bei einer Bilanz der bisherigen zwei Jahre Regierungsarbeit fällt Verzetnitsch vor allem eines ein: „Enorme Belastungen für die Arbeitnehmer. Das ist nicht nur mein Urteil, sondern auch jenes der EU“, sagt Verzetnitsch im Gespräch mit der APA.

Die Kursänderung soll in Richtung Gesamtwohl gehen: „Nicht das Nulldefizit, das Gesamtwohl der Menschen muss Richtschnur sein und hat die Maßnahmen zu dominieren“. Gesamtwohl heißt für Verzetnitsch:
Aus- und Weiterbildung, Arbeit, soziale Sicherheit und konkrete Vorbereitung der EU-Erweiterung.

94 Prozent der mehr als 800.000 Unterstützer der ÖGB-Urabstimmung haben für offenen Bildungszugang und eine Bildungsoffensive votiert, Anlass für den ÖGB, erneut die Abschaffung der Studiengebühren zu fordern.

Vernachlässigt sieht Verzetnitsch die Lehrlingsausbildung. Angesichts der schwierigen Situation auf dem Lehrstellenmarkt drängt der ÖGB auf einen Berufsausbildungsfonds, in den jene Betriebe einzahlen, die keine Lehrlinge ausbilden. „Die Wirtschaft sucht immer Fachkräfte, diese müssen aber vorher erst einmal ausgebildet werden“, zeigt Verzetnitsch die Diskrepanz zwischen Forderungen der Wirtschaft und Realität auf.

Beim Thema Arbeit steht die Forderung an die Regierung, Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, an erster Stelle. Die Vollbeschäftigung sei europäisches Ziel, die Schwierigkeiten in Österreich „nicht abhängig vom Terror am 11. September, sondern hausgemacht. Alles dem Nulldefizit unterzuordnen, ist schlicht der falsche Weg“, deponiert Verzetnitsch und urgiert mehr Mittel vor allem zur Beschäftigung Jugendlicher.

Thema Nummer drei, soziale Sicherheit bzw. Absicherung, sei gerade jetzt angesichts des Skandals um Machenschaften verschiedener Spediteure brandaktuell, betont Verzetnitsch und fordert erneut eine Initiative der Sozialpartner gegen Schwarzunternehmer. Zur sozialen Sicherheit gehört für den ÖGB-Chef auch das Thema Ladenöffnung. Verzetnitsch kritisiert Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V), im Rahmen der Ladenöffnungszeiten mit dem „Schmeichelwort“ Freiheit letztlich nur dafür sorgen zu wollen, dass sich die Unternehmer Überstundenzuschläge ersparen.

Eine Kursänderung hält Verzetnitsch schließlich auch für die EU-Erweiterung für unbedingt notwendig. Mit der Übergangsfrist von sieben Jahren „kann ich als ÖGB-Präsident leben – aber nur, wenn die Regierung nicht die Zeit einfach verstreichen lässt, wenn diese Frist nicht als Valium zur Beruhigung gedacht ist, sondern wirklich genützt wird“. Verzetnitsch fordert die Regierung auf, Maßnahmenschwerpunkte zu setzen und jedes Jahr darüber zu bilanzieren.

Der ÖGB selbst geht mit den Nachbarschaftsländern Partnerschaften ein und schließt entsprechende Abkommen, im Februar z.B. stehen Gespräche mit Slowenien auf dem Programm.

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