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„Zwei Jahre kaum aus dem Pyjama rausgekommen“

Der in Bregenz geborene Autor und Literaturwissenschaftler Markus Gasser las in der Buchhandlung Rapunzel aus seinem Roman „Lil“.
Der in Bregenz geborene Autor und Literaturwissenschaftler Markus Gasser las in der Buchhandlung Rapunzel aus seinem Roman „Lil“. ©Laurence Feider
Markus Gasser gab im Rapunzel Einblick in den Schreibprozess zu seinem neuen Roman „Lil“.
Markus Gasser im Rapunzel

Dornbirn. An die 30.000 Bücher nennt Markus Gasser sein Eigen – sechs davon hat er selbst geschrieben und eines davon präsentierte er in der Buchhandlung Rapunzel: „Lil“, Gassers zweiter Roman nach „Die Verschwörung der Krähen“. Er schildert die Geschichte der Eisenbahnmagnatin Lillian Cutting, ein Finanzgenie und eine echte Ausnahmeerscheinung im New York der 1880er Jahre, die sich über alle Konventionen stellt und ganz New York gegen sich aufbringt. Erzählt wird Lils Geschichte aus der Ich-Perspektive ihrer Nachfahrin Sarah Cutting, einer Wall-Street-Journalistin, die Zwiegespräche mit ihrem Hund Miss Brontë hält. Im Jahr 2017 findet sie einen Brief, den Lillian Cutting im Jahr 1880 aus der Nervenklinik heraus geschrieben hat, in die sie ihr Sohn Robert gesteckt hatte. Dieser Brief rollt die Familiengeschichte neu auf und bringt so manches dunkle Geheimnis ans Licht.

Groteskes Märchen

Gasser wollte mit seinem Buch „ein wirkliches Leseabenteuer, echte Spannungsliteratur und ein groteskes Märchen, voller Wut und Trost, komisch und tragisch zugleich“ schaffen. Ob ihm das gelungen ist, davon konnten sich die Besucher bei Gassers restlos ausverkaufter Lesung im Rapunzel überzeugen. Markus Gasser trug einige Seiten aus dem ersten Kapitel von „Lil“ vor und wusste das Publikum damit in seinen Bann zu ziehen – so sehr, dass Rapunzel-Inhaberin Barbara Sohm meinte: „Am besten sprichst du das Hörbuch selbst ein!“ Gasser meinte, das sei unpassend, da die Ich-Erzählerin eine Frau ist und verriet, dass er immer schon mal als Frau schreiben wollte.

Intensiver Prozess

Obwohl sämtliche Protagonisten seines Romans frei erfunden sind, hat Markus Gasser penibelst recherchiert und insgesamt zwei Jahre daran geschrieben. Zwei Jahre, in denen er, laut eigenen Aussagen, kaum aus dem Pyjama rausgekommen und Tag und Nacht geschrieben hat. „Als mir bei einer Lesung jemand gesagt hat, dass er Lil Cutting gegoogelt und nichts gefunden habe, wusste ich, dass ich gewonnen habe“, so der in Bregenz geborene Literaturwissenschaftler und Autor. Vorbilder für Lil Cutting gäbe es in der Geschichte einige meinte er und erwähnte unter anderem Hetty Green, Geschäftsfrau und Investorin des 19. Jahrhunderts, die als „Hexe der Wall Street“ bekannt wurde.

Gasser stellte sich im Anschluss an die Lesung den Fragen des Publikums und erklärte den sprechenden Hund Miss Brontë so: „Tiere, die sprechen bringen Fantasie und Humor hinein. Bei mir muss auf jeder Seite Action sein, sonst langweilige ich mich und dann langweilt sich auch der Leser. Ich wollte meine Leserschaft in Spannung halten, aufwühlen und zum Lachen bringen.“ Der Schriftsteller gab auch einen Einblick in den Prozess des Lektorierens und Veröffentlichens und wie er bis zum Schluss nichts aus der Hand geben wollte. „Weg mit den vielen Hebammen – ich habe auch die Klappentexte selbst geschrieben. Dennoch ist es mitunter fast schwieriger, ein Buch zu veröffentlichen, als es zu schreiben.“

Weitere Lesung

Diesen Freitag, 19. April ist übrigens mit Bernhard Moshammer ein weiterer Autor zu Gast in der Buchhandlung Rapunzel. Er liest um 19 Uhr aus seinem neuen Buch „Holzapfeladam“. (Anmeldung: +43 664 380 26 54)

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