Ganz gegen ihre Art. Brennende Fahnen und tobender Mob sind ein außenpolitisches Problem. Ihr gehts um rund 30.000 Muslime, die in Vorarlberg leben. Und Bregenz ist nicht Bagdad. Dass vieler Menschen Wahrnehmung nicht sauber trennt, schafft zunehmend Probleme. Siehe FPÖ-Volksbegehren.
Eva Grabherr beschäftigt seit jeher die Frage: Was bedeutet es für einen Menschen, wenn er nicht zur tonangebenden Gruppe zählt? Auch deshalb laufen bei der 42-jährigen Wissenschaftlerin nach viereinhalb Jahren Projektarbeit viele Fäden zusammen, wenn es um die Integration ausländischer Mitbürger geht.
Im Mittelpunkt stehen türkische Migranten. Dabei ist Eva Grabherr Judaistin. Bereitet tagsüber die Errichtung des ersten moslemischen Friedhofs vor. Abends liest sie zur Entspannung manchmal spätantike jüdische Texte. Hat den Hörern einer britischen Universität die Köstlichkeiten des literarischen Wien der Jahrhundertwende schmackhaft gemacht. Später hilft sie mit, das jüdische Hohenems dem Vergessen zu entreißen.
Schon als Kind gewusst?
Dass sie das tun würde, ahnte sie schon als Kind. Vorsichtig nippt Eva Grabherr am Kaffee. Als Identitätsforscherin weiß sie nur zu gut, wie sich das menschliche Gedächtnis Biographien zurechtkonstruiert. Aber nett klingt die Geschichte schon von dem 13-jährigen Höchster Mädel, das im Studienbuch des Schwagers blättert und sagt: Ich muss einmal nach Wien, wenn ich Judaistik studieren will.
Das tut sie dann auch. Nach Bregenzer Bundesgymnasium und BORG Lauterach. Und nach der Geburt ihres Sohnes. Das Kind kriegt sie mit 19. Ihr Benjamin begleitet sie fortan. Nach Innsbruck, wo sie Geschichte studiert, später nach Wien. Zuerst hab ich einen Kindergartenplatz gesucht, dann eine Wohnung. Im 9. Bezirk studiert sie Judaistik bei Prof. Kurt Schubert, der das Institut begründet hat.
Der Rest ist Geschichte. Als Lektorin einer britischen Universität liest sie die Annonce von den Plänen für ein jüdisches Museum in Hohenems. Sie bewirbt sich halbherzig. Und wird genommen. Böse Zungen behaupten, man hielt die junge Frau für manipulierbar. Und irrte sich.
Weshalb kehrt sie überhaupt von London nach Vorarlberg zurück? Da büßt sie ein Stück ihrer Eloquenz ein und spricht fast zärtlich von einem Bild dieses Landes, wie es mir gefällt und wie es sein sollte. Sie möchte ein Vorarlberg, das pragmatisch und großzügig mit Vielfalt umgeht. So beantwortet Grabherr seit sechs Jahren in der Projektstelle okay. zusammen leben in mühsamer Kleinarbeit und mit der Leidenschaft eines Fußballfans die zentrale Frage ihres Lebens nach dem fruchtbaren Miteinander von Mehrheiten und Minderheiten.
ZUR PERSON
Eva Grabherr