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Zusammenfassung des 51. Verhandlungstages

Die Perspektive des BAWAG-Debakels aus Sicht des Aufsichtsrats schilderten am Dienstag am 51. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess der frühere langjährige stellvertretende Staatskommissär Josef Mantler und der langjährige frühere Aufsichtsrat und vida-Gewerkschaftsvorsitzender Rudolf Kaske.

Von den Verlusten der Bank aus den Sondergeschäften mit Wolfgang Flöttl sei der Aufsichtsrat nicht informiert worden, sondern Ende 1998 habe der damalige Generaldirektor Helmut Elsner im Aufsichtsrat die Beendigung der Flöttl-Geschäfte mitgeteilt, sagten beide Zeugen übereinstimmend.

Hätte der Aufsichtsrat damals von den Verlusten gewusst, so wäre Elsner wohl entlassen worden und hätte keine Pensionsabfindung erhalten, sagte der Spitzengewerkschafter Kaske. Der staatliche „Aufpasser“ Mantler hingegen lobte auch heute noch im Zeugenstand die Verdienste Elsners für die Entwicklung der Bank. Doch auch Mantler sagte, dass der Aufsichtsrat 1998 von den großen Verlusten informiert hätte werden müssen. Beide Zeugen sahen zudem auch die Voraussetzungen für die Redepflicht des Wirtschaftsprüfers gegeben.

Schließlich sei es auch um das Wohl des ÖGB gegangen, betonte Kaske. Enttäuscht zeigte sich der ÖGB-Spitzenfunktionär vom früheren ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch: Schon 1998 hätte der ÖGB-Bundesvorstand von den Verlusten informiert werden müssen, nicht nur Verzetnitsch. 1998 hätte sich der „Run auf die Bank“, also Geldabhebungen durch verunsicherte Kunden, noch in Grenzen gehalten, für den ÖGB und den damaligen BAWAG-Minderheitseigentümer Bayerische Landesbank (BayernLB) wäre der Verlust von 639 Mio. Euro noch „bewältigbar“ gewesen, meinte der Spitzengewerkschafter.

Richterin Claudia Bandion-Ortner fragte auch nach dem Schaden für den ÖGB. „Wie lange waren Sie beim ÖGB?“ fragte sie den Zeugen, der daraufhin etwas irritiert antwortete, er sei noch immer beim ÖGB und Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft vida. Dem ÖGB sei durch die BAWAG-Geschäfte von 1995 bis 2000 ein Vertrauensschaden entstanden, der Schaden werde sich noch über Jahre hinziehen. Nun gelte es, das Vertrauen in die Gewerkschaft wieder aufzubauen.

Eine offenbar zu oberflächliche Information des BAWAG-Aufsichtsrats über die Geschäfte mit Wolfgang Flöttl hat der langjährige frühere stellvertretende BAWAG-Staatskommissär Josef Mantler eingeräumt. Im Aufsichtsrat habe es aber nie beunruhigende Meldungen gegeben. Seine Aufgabe als „staatlicher Aufpasser“ im Aufsichtsrat der Bank habe nicht darin bestanden, Nachforschungen zu unternehmen, sondern seine Wahrnehmungen an die Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Dazu lieferte er nach den Sitzungen Berichte an die Aufsichtsbehörde, sein ihm als Staatskommissär zustehendes Einspruchsrecht übte er nie aus. Die Aufsichtsratsprotokolle habe er nicht gelesen, sagte Mantler.

Rückblickend sieht Mantler die Bestimmungen des Bankwesengesetzes (BWG) zur Berichtspflicht und zur Zustimmungspflicht verletzt. Auf die schon oft von der Richterin an die Zeugen gestellte Frage, „was ist schiefgelaufen?“, zog der Beamte einen Vergleich mit dem Glücksspiel: Es sei „wie bei den Roulettespielern, man versucht immer durch neue Einsätze vorangegangene Verluste wettzumachen, das ist halt leider nie mehr geglückt“. Wenn die Verluste im Aufsichtsrat der Bank bekanntgeworden wären, hätte man einen „Ausstiegsschnitt“ machen sollen. Immer weiter zu spielen „das war die Katastrophe“, sagte Mantler.

Elsner hatte ein vertraglich fixiertes Weisungsrecht gegenüber den anderen Vorständen, das allerdings dem Aktiengesetz widersprach. Dies wurde heute im Zuge der Befragung des früheren Personalchefs der Bank, Johann Gaber, bekannt. Auch Elsners Vorgänger an der Bank-Spitze, Walter Flöttl, hatte dieses Weisungsrecht bereits. Laut Elsner bestand das Weisungsrecht auf Wunsch des früheren Bankeigentümers ÖGB. Im Jahr 2001 sei dieses vertraglich fixierte, aber gesetzwidrige Weisungsrecht dann im Zuge der Fusion der BAWAG mit der PSK eliminiert worden.

Der BAWAG-Prozess wird morgen, Mittwoch, mit der Zeugenbefragung des Liechtensteinischen Treuhänders Kuno Frick jun. und Leopold Krondorfer, ehemals Leiter der Innenrevision der Bank, fortgesetzt. Danach geht der Prozess in eine eineinhalbwöchige Verhandlungspause.

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