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"Ziemlich beste Freunde" in den Wiener Kammerspielen

Bei der Premiere von "Ziemlich beste Freunde".
Bei der Premiere von "Ziemlich beste Freunde". ©APA-FOTO: SEPP GALLAUER
Es ist ein riskantes Unternehmen, einen großartigen Film auf die Theaterbühne bringen zu wollen. Die Wiener Kammerspiele zeigen ab sofort "Ziemlich beste Freunde".
Bilder von der Premiere

Michael Dangl in der Rolle des querschnittsgelähmten Philippe und Nikolaus Okonkwo als seinem raubeinigen Pfleger Driss ist nichts vorzuwerfen. Sie haben bloß den Überraschungseffekt nicht auf ihrer Seite, denn die Handlung dürfte weitgehend bekannt sein – den französischen Film “Intouchables” von Oliver Nakache und Eric Toledano haben auch hierzulande sehr viele Menschen gesehen. Und sie haben mit Francois Cluzet und Omar Sy übermächtige Rollen-Vorbilder.

Geschichte der “besten Freunde” stark verkürzt

Der deutsche Drehbuchautor Gunnar Dreßler hat den auf der Autobiografie des beim Paragliding verunglückten reichen Adeligen Philippe Pozzo di Borgo basierenden Filmerfolg zu einem ziemlich gradlinigen Stück verknappt. Regie-Routinier Michael Gampe hat die Österreichische Erstaufführung inszeniert und sich in einem etwas zu glamourhaften, wie das Foyer eines großstädtischen Casinos aussehenden Bühnenraum von Erich Uiberlacker auf drei Personen konzentriert.

Lob für die Leistung der Schauspieler

Michael Dangl erweist sich nach seiner Darstellung des sprachbehinderten englischen Königs George VI. in “The King’s Speech” (2012) erneut als Spezialist für besondere Aufgaben. Einen buchstäblich alle Stückeln spielenden hypermodernen Rollstuhl nur mit dem Mund steuernd, ist er zur Interpretation seiner Rolle ganz auf Mimik und Stimmführung angewiesen. Sein Philippe kämpft mit sparsamen Mitteln um eine Normalität, die Menschenwürde bedeutet: “Kein Mitleid!” Nikolaus Okonkwo gibt als Driss mit viel Gelenkigkeit, Mutterwitz und Bodenständigkeit das ideale Kontrastprogramm.

Während die Reibung zwischen den beiden zentralen Charakteren die nötigen Funken schlägt, bleibt das Knistern zwischen Driss und der energischen Privatsekretärin Magalie (Silvia Meisterle, zwischen sexy und unnahbar) ein wenig Behauptung. Bis auf Ljubisa Lupo Grujcic, der als überengagierter und überforderter Aushilfspfleger gefällt, hätte man auf die Mini-Nebenrollen (Oliver Huether als Philippes Bruder, Alexandra Krismer als Galeristin sowie Katrin Eberl und Elisabeth Kofler als Prostituierte gerne verzichtet – und statt dessen mehr von Dangls Ohren gesehen. Die sind nämlich, so lernt der staunende Driss, die erogene Zone des gelähmten Arbeitgebers, der immer mehr zum ungleichen Lebensfreund wird. Und so ist auch die beste Pointe des zweistündigen Abends, der etwas mehr Witz und Tempo vertragen hätte, ein Allerweltsspruch, den man so schlüpfrig noch nie wahrgenommen hat: “Halt die Ohren steif!”

Stück kommt beim Wiener Publikum gut an

Am Ende gab es viel Beifall des Premierenpublikums. Einen Extra-Applaus bekam Dangl für eine ganz und gar simple und dennoch für manche unerreichbar bleibende Handlung. Zum Schlussapplaus stand er nämlich auf und machte ein paar Schritte.

Weitere Vorstellungen von “Ziemlich beste Freunde” in den Kammerspielen vom 21. bis 23. März und 10. bis 15. Mai. (APA)

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