Ein Berufungssenat des OLG (Vorsitz: Dietmar Krenn) wies die Berufung der Staatsanwaltschaft zurück, die eine höhere Strafe verlangt hatte. Damit bekam Verteidiger Philipp Wolm Recht, der im Hinblick auf das umfassende und reumütige Geständnis seines Mandanten, vor allem aber die von der Polizei gesetzte Tatprovokation für die Beibehaltung der vom Erstgericht ausgesprochenen Strafe eingetreten war.
Der Fall hatte für Aufsehen und Diskussionen gesorgt, weil ein V-Mann der Polizei an die Tante des 22-Jährigen herangetreten war und diese gefragt hatte, ob sie jemanden kenne, der zwei Kilogramm Kokain “aufstellen” könne. Der vermeintliche Interessent stellte dafür 90.000 Euro in Aussicht. Erst als der 22- Jährige von der Tante von diesen Aussichten erfuhr, kam er auf die Idee, sich in einem Baumarkt einen Ytong-Stein zu besorgen und diesen – mit Klebebändern umwickelt – als Suchtgift zu verkaufen. Unmittelbar nach der Übergabe klickten für den nach dem Suchtmittelgesetz einschlägig vorbestraften jungen Mann die Handschellen.
Kokain-Verkauf: “Staat darf keinen Menschen verführen”
Der Strafrechtler Frank Höpfel kritisierte die Vorgangsweise der Wiener Polizei daraufhin als – wörtlich – “Lockspitzelunwesen”. Gegenüber der Wochenzeitung “Falter” gab Höpfel zu bedenken: “Der Staat darf keine Menschen verführen, um sie danach für die Konsequenzen der Verführung zu bestrafen.” Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe ein solches Vorgehen schon lange als “unheilbar unfair” beurteilt.
Noch deutlicher wurde Verteidiger Wolm in einem Schriftsatz, mit dem er sich vehement gegen die von der Staatsanwaltschaft beantragte Anhebung der Strafe aussprach. Das Interesse an der Aufklärung strafbarerer Handlungen könne “die Verwendung von Beweismitteln nicht rechtfertigen, die als Ergebnis polizeilicher Anstiftung erlangt wurden”. Der vorliegende Sachverhalt sei “als ‘Musterfall’ einer Tatprovokation” anzusehen. Weil eine solche nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) durch eine ausdrückliche und messbare Strafmilderung auszugleichen sei, bezeichnete Wolm das vom Erstgericht verhängte Strafausmaß als “jedenfalls tat- und schuldangemessen”.
(APA)