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Zeugin sprach 1998 von zwei Personen

Der 44-jährige Wolfgang Priklopil hatte bei der Entführung von Natascha Kampusch am 2. März 1998 möglicherweise einen Komplizen.

Die Aussage einer damals Zwölfjährigen, die beobachtet haben wollte, dass zwei Personen Natascha in einen weißen Lieferwagen gezerrt hatten, bekommt neues Gewicht. Nikolaus Koch, Landespolizeikommandant im Burgenland und Leiter der Sonderkommission zu dem Entführungsfall, wollte aber im Gespräch mit der APA keine Schlüsse ziehen, die Möglichkeit eines zweiten Täters aber auch nicht ausschließen: „Ich spekuliere nicht, wir ermitteln in alle Richtungen.“

„Eine Quelle, die uns etwas bestätigen könnte, ist uns abhanden gekommen, bei der anderen müssen wir sehr behutsam vorgehen“, sagte Koch. Ein Mädchen hatte damals ausgesagt, dass sie Natascha am 2. März 1998 gegen 7.15 Uhr am Rennbahnweg kurz vor dem Kreisverkehr Melangasse gesehen habe. Dort sei am rechten Fahrbahnrand ein weißer Kleinbus gestanden. Als das Mädchen an dem Wagen vorbeigegangen sei, habe ein etwa 20 bis 40 Jahre alter Mann das Kind gepackt und in den Bus gezerrt. Daraufhin sei der Wagen – von einer zweiten Person gesteuert, den das Mädchen aber nicht gesehen hat – zum Kreisverkehr und weiter in eine Seitengasse gefahren.

Unterdessen wurde auch bekannt, dass die Behörden seit 1999 mehrmals das Haus des Entführers in Strasshof (Bezirk Gänserndorf) besucht haben. Wie der Mediensprecher der Gemeinde mitteilte, habe der Mann in diesem Jahr einen Umbau des Dachstuhls beantragt. Im April 1999 und 2004 wurde der Wasserzähler ausgetauscht, 2001 die elektrischen Neuerungen des Umbaus behördlich abgenommen. Wolfgang Priklopil war auch nicht in Strasshof, sondern in Wien gemeldet.

Unterdessen wurden immer mehr Details zum Martyrium der heute 18-jährigen Natascha Kampusch bekannt, die am Mittwoch fast achteinhalb Jahre nach ihrem Verschwinden wieder aufgetaucht war. So berichteten Ermittler, dass sie Priklopil zumindest in den ersten Jahren „Gebieter“ nennen musste. Der 44-Jährige, der sich am Mittwochabend vor einen Zug geworfen hatte, dürfte die Entführung Nataschas sorgfältig geplant haben. Darauf deute unter anderem das Verlies hin, in dem er das Mädchen bzw. die junge Frau gefangen hielt.

Dass es sich bei der Frau um Natascha Kampusch handelt, war klar, da die 18-Jährige die gleiche Narbe wie das damals zehnjährige Mädchen hat. Zudem war in dem Haus in Strasshof (Bezirk Gänserndorf) der Reisepass von Natascha Kampusch entdeckt worden, den sie bei ihrer Entführung bei sich hatte. Das DNA-Gutachten erwartete das Bundeskriminalamt für Freitagvormittag.

Die Befragung des Entführungsopfers gestalteten die Ermittler sehr behutsam und langsam. Die restlose Aufklärung des Falles wird daher noch einige Tage, vielleicht Wochen in Anspruch nehmen. Viele Fragen blieben offen: So ist zum Beispiel Gegenstand der Ermittlungen, ob der 44-Jährige Natascha Kampusch zum Einkaufen mitgenommen hat. Sicher ist, dass er ab Frühling 2006 „offensiver und frecher geworden ist“, sagte Koch.

Dass Kampusch ihrem Peiniger entkommen konnte, dürfte an einem gelockerten Umgang mit dem Entführungsopfer gelegen sein, den Wolfgang Priklopil in letzter Zeit an den Tag legte. „Er war nicht mehr so vorsichtig wie am Anfang“, meinte Koch. Die 18-Jährige sei in guter Verfassung. Und sie weiß, dass Priklopil tot ist, sagte der Leiter der Sonderkommission.

Ihr Vater Ludwig Koch sagte hingegen in einem Interview mit dem „Kurier“ (Freitagausgabe), Natascha Kampusch sei körperlich sehr mitgenommen. „Natascha ist abgemagert, hat eine ganz, ganz weiße Haut und Flecken am ganzen Körper. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, woher die kommen“, so Ludwig Koch.

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