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Zeugenbefragungen für heuer zu Ende

©AP
Im BAWAG-Strafprozess ist nun die lange Phase der Zeugenbefragungen vorerst abgeschlossen.

Mit dem Treuhänder Kuno Frick jun. aus Liechtenstein trat heute Mittwoch, am 52. Verhandlungstag, der – zumindest für dieses Jahr – letzte Zeuge in dem Mega-Wirtschaftsverfahren in den Zeugenstand. Die teils schillernde Parade der über 80 BAWAG-Zeugen hatte am 6. September, dem 21. Verhandlungstag, mit BAWAG-Generaldirektor Ewald Nowotny begonnen. Nowotny hat übrigens inzwischen seinen Abschied von der Bank per Jahresende 2007 verkündet.

Prominente aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft wurden in den vergangenen Wochen in den Zeugenstand im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht gerufen, aber auch viele Bankangestellte, die mit den Verlusten aus den Sondergeschäften von Wolfgang Flöttl befasst waren. Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky musste über sein Ein-Million-Schilling-Honorar (rund 72.700 Euro) durch Flöttl Auskunft geben, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser berichtete im Plauderton über den – von ihm nie gesehenen – Nationalbank-Prüfbericht 2001 der BAWAG, der im Ministerium ohne Konsequenzen abgelegt wurde.

Der frühere ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch verteidigte die Abgabe der ÖGB-Garantie für die angeschlagene BAWAG, die er 2001 gemeinsam mit dem – nun angeklagten – früheren ÖGB-Finanzreferenten Günter Weninger unterschrieben hatte. Das Publikumsinteresse am Auftritt des langjährigen ÖGB-Chefs war groß – ebenso wie bei der Einvernahme des Unternehmers Martin Schlaff, der sich unwissend zeigte über das im Jänner 2001 losgetretene Finanzkarussell, kurz nachdem die BAWAG durch Flöttl insgesamt 1,44 Mrd. Euro Verlust erlitten hatte. Schließlich habe er seiner Hausbank damals nur einen Geschäftsmann vermittelt, dieser habe dann mit der BAWAG Transaktionen abgewickelt, so der Multimillionär Schlaff – der durch seine Ablehnung des einem Zeugen zustehenden Fahrtkostenersatzes („Danke, ich komme zurecht“) auch Zitate-Geschichte schrieb.

Internationales Flair in die Verhandlung brachte die Einvernahme der Ehefrau von Wolfgang Flöttl, Barbara Anne Eisenhower. Die Enkelin von US-Präsident Dwight D. Eisenhower verblüffte mit ihrer Schilderung von Urlauben mit der Familie Elsner – so wurde noch die Jahrtausendwende gemeinsam in der Karibik gefeiert. Auch Elsners Ehefrau Ruth trat in den Zeugenstand, wo sie Richterin Claudia Bandion-Ortner erfolglos um die Freilassung ihres Mannes aus der Untersuchungshaft bat.

Viele Details über die bankinternen Vorgänge und Transaktionen in der BAWAG, aber wenig Neues zu den so verlustreichen Spekulationen von Wolfgang Flöttl haben die Zeugenvernehmungen bisher gebracht. Flöttls langjähriger enger Mitarbeiter David Worsfold beteuerte, dass die Unterlagen durch einen Computer-Crash vernichtet worden seien. Der Londoner Investmentbanker Kaveh Alamouti, selbst hoch bezahlter Hedgefonds-Manager, weckte jedoch Zweifel: Als Fondsmanager müsse man schon in eigenem Interesse bei hohen Verlusten die Unterlagen der Handelsgeschäfte aufbewahren, um sie den fragenden Investoren vorlegen zu können, meinte er.

Wichtige Erkenntnisse zu den Flöttl-Verlusten könnten nun neue Unterlagen bringen, die erst in jüngster Zeit eingetroffen sind. Sowohl von der Staatsanwaltschaft New York als auch von Flöttl selber wurden dem Gericht zahlreiche Dokumente zu den Handelsgeschäften vorgelegt. Der Sachverständige Fritz Kleiner wird in der letzten Novemberwoche eine Prognose für sein Gutachten abgeben, das die Handelstätigkeit Flöttls analysieren soll. Auch der Sachverständige Thomas Keppert kommt in der letzten Novemberwoche zu Wort und wird sein Gutachten über die Bilanzen der BAWAG präsentieren.

Aus den Gutachten könnten sich neue Beweisanträge, insbesondere zur Ladung von neuen Zeugen ergeben. Diese werden aber erst im nächsten Jahr aussagen müssen – im Dezember macht der BAWAG-Prozess Pause. Eine weitere Zeugin ist jedenfalls schon für Jänner geladen:

Yvonne Nägele von der Treuhandgesellschaft TTA Liechtenstein wird den Reigen noch fortsetzen. Ein Urteil dürfen die neun Angeklagten wohl frühestens im Februar erwarten.

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