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Zeuge: Stiftungskonstrukt war "schon merkwürdig"

Von den großen Verlusten der BAWAG durch die Geschäfte mit Wolfgang Flöttl habe er erst im Jahr 2001 erfahren, sagte der Leiter der Bilanzabteilung, Berthold Schmidt, heute Montag am 50. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess im Zeugenstand aus.

Konkret habe ihn nicht der BAWAG-Vorstand, sondern der Prüfungsleiter von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, Florian Botschen, zu Jahresanfang 2001 von der Gesamthöhe der Verluste mit Flöttl informiert. Er sei zuvor sicher nicht vollständig informiert gewesen, sagte Schmidt auf Befragung durch Richterin Claudia Bandion-Ortner.

Von den 1995 wieder aufgenommenen Sondergeschäften der BAWAG mit Flöttl habe er erstmals im Oktober 1998 bei der Gründung der Stiftungen in Liechtenstein erfahren, gab Schmidt an. Von 1995 bis 2001 war Schmidt stellvertretender Leiter der Bilanzabteilung, ab 2001 bis heute leitet er die Bilanzabteilung der Bank. Von den Verlusten der BAWAG mit Flöttl in Höhe von damals 640 Mio. Dollar (436 Mio. Euro) habe er nichts gewusst, sondern der damalige BAWAG-Vorstand Johann Zwettler habe ihm die Lage so dargestellt, dass Flöttl „in Schwierigkeiten“ sei und die Bank ihm durch Sicherstellung von Vermögen eine gesicherte Finanzierung einräume. Diese Sicherheiten, darunter wertvolle Bilder und Liegenschaften, seien mehr wert, als das Kreditvolumen ausmache. Für die Bewertung der Sicherheiten sei die Bilanzabteilung nicht zuständig gewesen.

„Das ganze Konstrukt war schon etwas merkwürdig“, räumte Schmidt heute zu der Stiftungskonstruktion in Liechtenstein ein, mit der die Verluste durch Flöttl außerhalb der BAWAG-Bilanz blieben und von außen nicht ersichtlich waren. Aber die Verbindung des damaligen Generaldirektors Helmut Elsner und Wolfgang Flöttl sei damals eine „heftige, intensive“ gewesen. Daher habe er gedacht, dass so für Flöttl und die Bank eine „optimale Lösung“ getroffen worden sei.

Im November 1999 sei sein damaliger Chef und Leiter der Bilanzabteilung, Robert Schatzer, gemeinsam mit Zwettler bei Flöttl in Paris gewesen. Flöttl habe den Londoner Investmentbanker Kaveh Alamouti damals angepriesen, und Schatzer sei begeistert gewesen, schilderte Schmidt. Dadurch ergebe sich sicher die Gelegenheit, diese temporären Verlust innerhalb von wenigen Jahren wieder gutzumachen, so der damalige Eindruck. Alamouti wurde aber nie für die BAWAG tätig, sondern die Neuinvestments wurden in Uni-Bonds veranlagt, die von Flöttl gemanagt wurden und mit einem Totalverlust der Gelder endeten.

Tatsächlich wuchsen die Verluste durch die Flöttl-Spekulationen mit BAWAG-Geldern jedoch immer mehr an, bis sie Ende 2000 eine Höhe von rund 1,44 Mrd. Euro erreicht hatten. Nur durch die ÖGB-Garantie habe die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG dann die Bilanz 2000 testiert, führte Schmidt aus. „Nach heutigen Standards hätte man die Garantien erwähnen müssen“, damals blieb die Haftungserklärung des ÖGB für die Verluste seiner Bank jedoch nach außen unerwähnt.

Ab Jänner 2001 war Schmidt Schriftführer der „Bilanzrunde“, eine nach seinen eigenen Worten „wenig ehrenvolle Aufgabe“. Als Zweck der Bilanzrunde gab der Zeuge heute an, dass dadurch die Verluste in der BAWAG „verdaut“ und nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Die ÖGB-Garantie sollte nicht in Anspruch genommen werden, um die Forderungen aus der Ertragskraft der Bank selber abzuschreiben.

Auf Befragung durch Staatsanwalt Georg Krakow sagte Schmidt, hätte man die Kredite an Flöttl über eine Stiftung und nicht über drei Stiftungen laufen lassen, wäre die Großveranlagungsgrenze überschritten worden.

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