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Zeuge im Leonie-Prozess: "So etwas habe ich nie gesagt"

Dreist: Die Angeklagten schieben sich gegenseitig die Schuld zu, zogen gemachte Aussagen zurück.
Dreist: Die Angeklagten schieben sich gegenseitig die Schuld zu, zogen gemachte Aussagen zurück. ©APA
Am vierten Prozesstag rund um den Tod einer 13-jährigen Niederösterreicherin sind am Freitag die ersten Zeugen befragt worden.
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Darunter war jener Mann, der in dem Fall zunächst als vierter Verdächtiger geführt wurde. Der Afghane hatte im Vorfeld einem der Angeklagten 200 Ecstasy-Tabletten überreicht. Dem Mädchen sollen laut Anklage sieben Tabletten aufgelöst in einem Getränk verabreicht worden sein.

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"Das habe ich nicht angegeben"

Für die Weitergabe der synthetischen Drogen sowie dem Verkauf von 1.300 Gramm Kokain und sieben Kilogramm Cannabis wurde er vor einem Jahr zu drei Jahren Haft verurteilt und sitzt diese derzeit ab. Er relativierte bei der Befragung durch Richterin Anna Marchart nun seine Aussage vor der Polizei kurz nach seiner Festnahme im Sommer 2021. Damals gab er noch an, dass ihn der 23-jährige Erstangeklagte in der Nacht, als die 13-Jährige starb, angerufen habe und gefragt habe, was er tun soll. Bei ihm sei ein Mädchen, dem es sehr schlecht ginge. Der 23-Jährige sei am Telefon sehr aufgeregt und nervös gewesen und habe gemeint, dass er der 13-Jährigen sechs Ecstasy-Tabletten gegeben habe und sie nur noch da sitzt, nichts redet und ihr Herz nicht mehr klopft. "So etwas habe ich nie gesagt", meinte der Zeuge nun plötzlich. "Ich habe so etwas bei der Polizei nicht angegeben." Ihm sei es nach der Festnahme nicht gut gegangen, er habe wenig geschlafen und war berauscht.

Daraufhin beantragte der Anwalt der Angehörigen, Florian Höllwarth, die damals vernehmenden Polizisten als Zeugen zum Prozess zu laden. Dem schlossen sich die Staatsanwälte und der zweite Privatbeteiligtenvertreter, Johannes Öhlböck, sowie die Anwälte des Drittangeklagten, Andreas Schweitzer und Sebastian Lesigang, an, wobei auch die Dolmetscherin als Zeugin geladen werden soll. Über den Beweisantrag wurde noch nicht entschieden.

"Habe schon 15 Tabletten in einer Nacht genommen"

Obwohl die beiden laut seiner Aussage bei der Polizei über "die schlechten Tabletten" gesprochen haben, milderte er diese Aussage nun wieder ab. "Von den Tabletten habe ich schon früher welche genommen. Ich habe auch schon in einer Nacht 15 Tabletten genommen", behauptete er. "Und wie ist es Ihnen gegangen?", wollte Beisitzer Wolfgang Etl wissen. "Ich war normal", meinte er.

"Er hat gesagt, er kennt sie nicht"

Die 13-Jährige, die mit den Männern in die Wohnung mitging, unter Drogen gesetzt und missbraucht worden sein soll, wurde am 26. Juni 2021 zuerst von einer Frau auf einem Grünstreifen in Wien-Donaustadt leblos aufgefunden, die nun ebenfalls vor Gericht aussagte. Die Pflegeassistentin war gerade am Weg zur Arbeit und leistete Erste Hilfe. Sie beobachtete zwei Männer bei dem Mädchen, das an einem Baum angelehnt war. Die Frau bemerkte, dass die 13-Jährige keine Vitalfunktionen mehr hatte, begann mit der Reanimation. Einer der Männer sprach gerade mit der Rettung am Telefon, hielt aber der Ersthelferin das Handy plötzlich hin. "Einer hat gesagt, er kennt sie (die 13-Jährige, Anm.) nicht", so die Zeugin. Der zweite Mann verschwand plötzlich, als die Polizei eintraf.

Zu Wort kam am Freitag auch der letzte Gutachter. Der Allgemeinmediziner Ernst Rudolf hat beim dritten Angeklagten eine Altersfeststellung erstellt, da dieser behauptete, zum Tatzeitpunkt erst 16 Jahre alt gewesen zu sein. Dazu wurde zunächst eine Anamnese unternommen, um Krankheiten auszuschließen, danach gab es eine körperliche Untersuchung und schlussendlich eine radiologische Untersuchung der linken Hand, der Zähne und des mittleren Schlüsselbeingelenks. Hand und Zähne zeigten auf, dass der Angeklagte bereits über 16 Jahre sein musste, die Wachstumsfuge am Schlüsselbein zeigte auf, dass der Beschuldigte zum Untersuchungszeitpunkt ein Mindestalter von 19 Jahren hatte. Somit kann er zum Tatzeitpunkt nicht jünger als 18,95 Jahre alt gewesen sein, erklärte der Gutachter. Demnach ist der Mann, der behauptet, der Freund der 13-Jährigen gewesen zu sein, mittlerweile 20 Jahre alt, was für die Strafbemessung ausschlaggebend ist.

(APA)

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