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"Zehn Milliarden einsparen"

©VMH/Hans Zellhofer
Schwarzach - Wirtschafts- und Bankenkrise: ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf bereitet die Österreicher auf ein riesiges Sparpaket vor.

Die Staatsschulden explodieren. Zurückzuführen ist das auf die Wirtschafts- und Bankenkrise. „Wir werden Einsparungen durchführen müssen“, kündigt ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf im VN-Interview an: Schon im kommenden Jahr sollten sich Regierungsvertreter und alle Landeshauptleute zusammensetzen, um Fakten zu schaffen. „Spätestens 2011 müssen die Maßnahmen Realität werden“, so Kopf: „Wir reden von einem Konsolidierungsbedarf von zehn Milliarden Euro. Die Budgetdefizite müssen wieder niedriger als das Wirtschaftswachstum werden.“ Seinen Vorschlag, „Pleite-Ländern“ einen Staatskommissär vorzusetzen, verteidigt Kopf indes. Vorarlberg mit LH Herbert Sausgruber (ÖVP), der sich ablehnend geäußert hat, hätte einen solchen „sicher nicht“ zu befürchten.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf über das Kärntner Hypo-Debakel und die Folgen:

Herr ÖVP-Klubobmann Kopf, Sie haben einen Aufsichtskommissär für Pleite-Länder vorgeschlagen, Landeshauptmann Sausgruber und ÖVP-Chef Pröll können sich das nicht vorstellen. Sind Sie nur „missverstanden“ worden?

Kopf. Zunächst einmal wird es vernünftig sein, eine Haftungsbegrenzung einzuführen; dafür sind die meisten Länder auch zu haben. Das Zweite ist eine Schuldenbegrenzung, die nach deutschem Vorbild in der Verfassung verankert werden sollte. Und was den Aufsichtskommissär betrifft, so bleibe ich dabei; das ist eine Ultima Ratio für den Fall, dass ein Land zahlungsunfähig wird. Kärnten wäre zahlungsunfähig geworden, wenn der Bund nicht eingesprungen wäre und die Bank nicht gerettet hätte. Und da kann es dann im Übrigen auch ganz einfach nicht sein, dass uns die dortigen Politiker auch noch provozieren, indem sie Hunderter verteilen und uns mit verbalen Aussagen verhöhnen. Wie gesagt: Als Ultima Ratio gehört das (ein Aufsichtskommissär) in der Verfassung verankert. Für die Gemeinden gibt es das ja schon. Und bei den Ländern rede ich nur von Kärnten; ich weiß nicht, warum sich da jemand anderer angesprochen fühlt.

Das heißt, Sausgruber hat keinen „Oberkommissär“ zu befürchten?

Kopf. Sicher nicht.

Nun ist Kärnten gemeinsam mit der Hypo Alpe Adria gerettet worden, und die dortigen Politiker sehen sich auf Kosten aller Steuerzahler als Gewinner. Ein Aufsichtskommissär könnte da auch nichts mehr machen.

Kopf. Das ist die Frage. Wenn der Bund nichts gemacht hätte, wäre Kärnten jedenfalls binnen Tagen pleite gegangen.

Kärnten hat nun dennoch die höchsten Pro-Kopf-Schulden, steht also miserabel da. Sind daher weitere Konsequenzen notwendig?

Kopf. Das Problem ist, dass kurzfristig eine Haftungsobergrenze bei Kärnten nichts bringt, weil man die Haftungen ja nicht so schnell beseitigen kann. Auch eine Schuldenobergrenze bringt nichts, weil die Schulden auf die Schnelle niemand abnehmen wird. Die Maßnahmen, die ich vorgeschlagen habe, können nur pro futuro (in die Zukunft gerichtet) wirken. Aber wichtig wäre es, dass man das macht. Wobei Kärnten ein einmaliger Fall ist; kein Bundesland vom Boden- bis zum Neusiedlersee steht so schlecht da.

Verstehen Kärntner Politiker wie BZÖ-LH Gerhard Dörfler und ÖVP-Landesrat Josef Martinz überhaupt, was auf dem Spiel steht? Oder begreifen die das ganz einfach nicht?

Kopf. Man hat den Eindruck, dass sie es nicht wissen.

Und reden Sie als ÖVP-Politiker da wenigstens auf Martinz ein?

Kopf. Sein Problem lautet natürlich: „Mitgegangen, mitgefangen.“ Aber man muss schon sehen, dass seine Möglichkeiten der Einflussnahme sehr begrenzt sind angesichts der dortigen Mehrheitsverhältnisse. Die große Last der Verantwortung trifft also schon die Herren Haider und Dörfler.

LH Sausgruber hat vorgeschlagen, Fragen wie Schuldenbegrenzung und Haftungsrahmen in den Stabilitätspakt zwischen den Gebietskörperschaften aufzunehmen.

Kopf. Ja, das kann man durchaus machen. Aber ich glaube, dass es darüber hinaus wichtig wäre, das verfassungsrechtlich abzusichern.

Laufend werden neue Rettungspakete nötig, einmal für die Banken, ein anderes Mal für den Arbeitsmarkt. All das kostet sehr, sehr viel Geld und lässt die Staatsschulden explodieren. Wie soll man den Haushalt wieder ins Lot bringen? Wird es im kommenden Jahr ein sogenanntes „Konklave“ geben, wie es Finanzminister Josef Pröll vorgeschlagen hat?

Kopf. Daran wird kein Weg vorbeiführen.

Wobei zur Sanierung des Staatshaushaltes letztlich wohl Steuererhöhungen notwendig werden?

Kopf. Es ist nicht ratsam, über Steuererhöhungen auch nur nachzudenken, geschweige denn zu reden, ehe nicht alle Einsparungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Und wir werden Einsparungen ­durchführen müssen. Schwierige Situationen hat es ja in der Vergangenheit schon gegeben. Nicht in dieser Dramatik, aber doch. Vor einigen Jahren haben sich Vranitzky, Schüssel, Lacina, Ditz und Landeshauptleute wie Sausgruber zusammengetan und in ein paar Tagen ein Sparpaket geschnürt. Eine solche Kraftanstrengung brauchen wir wieder. Ideal wäre es, wenn man alle neun Landeshauptleute, Städte- und Gemeindebund und die zuständigen Regierungsmitglieder an einen Tisch bekäme. Im Laufe des nächsten Jahres wird so etwas stattfinden müssen. Spätestens 2011 müssen die Maßnahmen Realität werden.

Um welches Volumen geht‘s?

Kopf. Wir reden schon von einem Konsolidierungsbedarf von zehn Milliarden Euro. Die Budgetdefizite müssen wieder niedriger als das Wirtschaftswachstum werden.

Ohne Steuererhöhungen wird das aber sicher nicht bewältigbar sein.

Kopf. Wir müssen zuerst über die Ausgaben reden.

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