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Zehn Fragen und Antworten im Wortlaut

SPÖ-Chef Faymann hat am Montag die Tags davor von ÖVP-Obmann Pröll gestellten zehn Fragen beantwortet. In einem siebenseitigen Dokument gibt der SPÖ-Vorsitzende u.a. Auskunft darüber, wie sich seine Partei den Budgetpfad vorstellt, die Pensionen sichern will oder die Familien entlasten. Im folgenden Auszüge aus dem Antwortschreiben im Wortlaut:

“Sehr geehrter Herr geschäftsführender Bundesparteiobmann, lieber Josef!

(…) Die Verhandler der Untergruppen haben das in sie gesetzte Vertrauen erfüllt, der Terminplan wurde genau wie vereinbart eingehalten und die akkordierten Verhandlungspapiere bis Freitag Abend abgeliefert. Die offen gebliebenen Dissenspunkte der Untergruppen sind unserer Meinung nach jedenfalls lösbar. Auch hinsichtlich der Ausgestaltung der vorgezogenen Steuerreform und der Entlastung der Familien ist aus unserer Sicht am vergangenen Freitag eine Einigung erfolgt. Aber auch seitens unserer Verhandler in der Finanzgruppe wurde mir Samstag Abend berichtet, dass keine unüberbrückbaren Hindernisse für eine Einigung bestehen. (…)

(…) Zu den 10 Fragen, deren Antworten weitgehend bereits in den Verhandlungsergebnissen der Untergruppen enthalten sind, darf ich folgendes mitteilen:

1. Was sind die konkreten Vorschläge der SPÖ, wie wir den gemeinsam vereinbarten Haushaltsplan einhalten können?

Eine neue Bundesregierung muss sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen auf einen gemeinsamen Budgetpfad einigen, der auf Basis der derzeit absehbaren wirtschaftlichen Entwicklungen (…) erstellt wird und verkraftbare gesamtstaatliche Jahresdefizite im Rahmen der europäischen Vorgaben vorsieht. Dies bedeutet in den Jahren 2009 bis 2013 nachfolgende gesamtstaatliche Jahresdefizite: 2,2 % im Jahr 2009, 2,9 % im Jahr 2010, 2,8 % im Jahr 2011, 2,5 % im Jahr 2012 und 1,7 % im Jahr 2013. Die Konsolidierungsziele steigern sich schrittweise von 0,1 % des BIP im Jahr 2009, 0,2 % im Jahr 2010, 0,5 % im Jahr 2011, 0,8 % im Jahr 2012 bis schließlich 1,1 % im Jahr 2013. (…)

2. Wo soll nach Vorstellungen der SPÖ – ohne zusätzliche Neuverschuldung – das Geld herkommen, das wir brauchen um den Menschen in der Krise zu helfen?

Eine neue Bundesregierung muss sich auf einen gemeinsamen Haushaltsplan einigen, der eine moderate gesamtstaatliche Neuverschuldungsquote von 2,2 % des BIP im Jahr 2009 und 2,9 % im Jahr 2010 unter Berücksichtigung der absehbaren wirtschaftlichen Entwicklungen vorsieht (siehe Frage 1). In diesem Pfad ist bereits eine Steuersenkung um rd. 2,7 Mrd. Euro ab 2009 enthalten sowie das Konjunkturpaket II im Ausmaß von rd. 1,9 Mrd. Euro, das wichtige Impulse für die österreichische Konjunktur und somit für eine möglichst hohe Beschäftigungsquote geben soll. (…)

3. Bekennt sich die SPÖ dazu, dass jeder Steuerzahler von einer Lohnsteuersenkung profitiert?

Eine neue Bundesregierung muss sich zu einer Reform des Steuertarifs dahingehend einigen, dass alle bisher steuerpflichtigen Einkommen spürbar entlastet werden. Durch eine Vorziehung dieser Steuerreform auf das Jahr 2009 soll die Ankurbelung der Binnennachfrage (…) erreicht werden, wobei das Gesamtvolumen dieser Tarifreform 2,2 Mrd. Euro betragen soll. Es ist wichtig, dass vor allem der Mittelstand überdurchschnittlich hoch von der Steuerreform profitiert. Eine Entlastung soll allen SteuerzahlerInnen zu gute kommen, bei der höchsten Einkommensgruppe aber gedeckelt werden.

4. Bekennt sich die SPÖ zu einer spürbaren Entlastung von Familien mit Kindern?

Eine neue Bundesregierung muss sich zur Entlastung von Familien in Form einer deutlichen Erhöhung des Kinderabsetzbetrages, der Einführung eines Kinderfreibetrages sowie der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten bekennen. Zusätzlich soll die Übernahme von Kinderbetreuungskosten durch den Arbeitgeber steuerlich begünstigt werden. Insgesamt werden diese Maßnahmen die österreichischen Familien mit rund 500 Mio. Euro entlasten. (…)

5. Steht die SPÖ zum Prinzip: Steuergeld für das Krankenkassensystem nur dann, wenn gleichzeitig Struktur- und Effizienzmaßnahmen gesetzt werden?

(…) Das negative Reinvermögen der Krankenversicherungsträger soll unverzüglich abgebaut werden. Dieser Abbau wird an eine erhöhte Organisationseffizienz und neue Verteilungsmodelle unter stärkerer Berücksichtigung von Strukturfragen geknüpft. Die Träger haben alle Anstrengungen zu unternehmen, um Kostendämpfungspotentiale zu realisieren. (…)

6. Wie sichern wir die Pensionen?

(…) Ausschlaggebend für eine nachhaltige Sicherung des gesetzlichen Pensionssystems ist eine möglichst gute Beschäftigungssituation und die Hebung der Erwerbsquote insbesondere von Frauen und älteren Menschen. Dafür sind jedenfalls auch alle Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie notwendig. Ein langfristiges Monitoring bietet der Politik die Grundlage zu handeln, wenn Bedarf besteht. (…) Eine Wertsicherung der Pensionen muss dabei gewährleistet werden. Die Harmonisierung der unterschiedlichen Systeme der Altersvorsorge soll in den Bundesländern und Gemeinden vorangetrieben werden.

7. Wie werden die Sparpotenziale in der Verwaltung ausgeschöpft?

Eine neue Bundesregierung muss das Sparpotential der Verwaltung voll ausschöpfen. Dies gilt sowohl für den Abbau von Überregulierungen als auch für den Einsatz neuer Technologien. Auch im Bereich des Personals sind Sparpotentiale auszunützen. (…) Der Personalstand des Bundes soll weiter konsolidiert werden und eine Personalplanung eingesetzt werden. Für jedes Ressort sollen nach einheitlichen Vorgaben Leistungsberichte erstellt werden und die Sparpotentiale durch eine wirkungsorientierte Verwaltungsführung realisiert werden. (…)

8. Bekennt sich die SPÖ dazu, dass sich auch staatsnahe Betriebe marktwirtschaftlich weiterentwickeln müssen?

Für die Entwicklung des Standortes Österreich spielt die österreichische Industrie und damit auch die staatsnahen Betriebe als Auftraggeber eine Schlüsselrolle; (…) Staatsnahe Betriebe sollen sich marktwirtschaftlich weiterentwickeln, gleichzeitig muss aber sichergestellt sein, dass bei Dienstleistungen von allgemeinen Interesse deren qualitativ hochwertige, leistbare, flächendeckende und kosteneffiziente Erbringung sichergestellt ist (z. B. Versorgung mit Postdienstleistungen).

9. Wie sichern wir die Rolle Österreichs als verlässlicher Partner bei der Weiterentwicklung der EU?

Eine neue österreichische Bundesregierung muss sich uneingeschränkt zum europäischen Einigungswerk, zur Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union und zu einer aktiven Rolle Österreichs bei der Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses bekennen. Österreich muss ein verlässlicher Partner seiner europäischen Nachbarn bleiben und sich weiterhin für ein starkes, geeintes und faires Europa einsetzen. Folgende Standpunkte und Politikansätze für eine engagierte, österreichische Europapolitik müssen gemeinsam getragen werden: Wachstum, Beschäftigung und Soziales, Umwelt und Klima, Transit, Gentechnikfreiheit, Konsumentenschutz, Energie & Antiatom, EU-Budget, Südosteuropa, Stärkung des Vertrauens. Weiters wird das Ziel der EU-Erweiterung durch Kroatien sowie weiterer Nachbarn am Balkan verfolgt.

10. Ist die SPÖ bereit, den zuletzt eingeschlagenen Kurs in Fragen der inneren und äußeren Sicherheit mitzutragen?

(…) Auf Grundlage der immerwährenden Neutralität muss Österreich weiterhin ein verlässlicher und solidarischer Partner in der Welt sein und sich aktiv an der weiteren Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beteiligen. Im Bereich der inneren Sicherheit haben die Österreicherinnen und Österreicher einen Anspruch darauf, vor Kriminalität jeder Art geschützt zu werden. (…) Eine verantwortungsvolle Zuwanderungspolitik muss sich an den Interessen Österreichs orientieren. Das bisherige Quotensystem konnte nicht präzise genug die Bedürfnisse des österreichischen Arbeitsmarktes und der Gesellschaft abbilden. Eine neue Regelung ist anzustreben (…)

Diese Antworten sollten Basis für unsere weiteren Gespräche sein.

Mit besten Grüßen

Werner Faymann”

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