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Würdigung für NS-Widerständler

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Bei einer Veranstaltung im Parlament zum Jubiläumsjahr wurden die österreichischen Widerstandskämpfer in der NS-Zeit gewürdigt. Fischer will die Rehabilitierung der Deserteure.

Bundespräsident Heinz Fischer verwies auf die bisher fehlende Anerkennung für österreichische Widerstandskämpfer und forderte eine Aufhebung aller Urteile der Wehrmachtsjustiz und vergleichbarer Sondergerichte wegen Desertion, Wehrdienstverweigerung oder Fahnenflucht durch einen Akt des Gesetzgebers. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) würdigte den „positiven Beitrag des Widerstands“ als „von nicht zu unterschätzender Bedeutung auch für die heutige Zeit“. Eine Form des Widerstands sei Wehrdienstverweigerung gewesen, so Schüssel.

ÖVP und Grüne für Rehabilitierung

Während ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter meinte, trotz der Amnestie 1946 hoffe sie auf einen Vier-Parteien-Antrag zu den Deserteuren. Sie glaube, dass ein „symbolhafter Akt“ notwendig sei. „Ob das ein Gesetz ist oder ein Erlass oder eine rein deklaratorische Sache“, sei nicht so wichtig. FPÖ-Justizsprecherin Helene Partik-Pable sieht dies allerdings nicht so. Für die Freiheitlichen gebe es bezüglich Deserteuren „kaum noch Handlungsbedarf“, die Sache sei „juristisch erledigt“. Die Grüne Justizsprecherin Terezija Stoisits dagegen forderte die Regierung auf, eine Gesetzesinitiative zur eindeutigen Aufhebung aller US-Unrechtsurteile zu starten und damit auch Wehrmachts-Deserteure nicht aus dem Widerstand auszuklammern.

Nationalratspräsident Andreas Khol (V) betonte, es gehe darum, dem Widerstand „einen gehörigen und würdigen Platz einzuräumen“. Dies sollte auch in den Schulen berücksichtigt werden. Khol erinnerte an die „Mordmaschine der Nazis“, die „noch im Jänner vor 60 Jahren voll im Gang war“. Widerstand sei nicht immer ohne Ambivalenz gesehen worden. Lange habe man die Bedeutung des 20. Juli 1944, des Attentats auf Hitler, nicht erkannt. Heute „würdigen wir unbefangener den tapferen Widerstand“.

Schüssel meinte, der Widerstand in der NS-Zeit sei einerseits vom Bewusstsein geprägt gewesen, auf das Gewissen zu hören und die „Trennschärfe zwischen Gut und Böse“ wahrzunehmen sowie andererseits von „Tapferkeit, nicht nur Mut, sogar Tollkühnheit“. Denn man setze ja die eigene Existenz und vielfach auch jene der eigenen Familie aufs Spiel. „Den Test gibt es nur im Ernstfall, ob man tatsächlich in so einer Situation standhalten kann“.

Fischer sagte, es gehe heute „um eine neue Sicht auf den Widerstand in der Hitler-Armee. Die einschlägige Gerichtsbarkeit der NS-Gerichte hatte eben mit Recht und Gerechtigkeit nichts zu tun“. Der Krieg Hitlers sei ein „verbrecherischer Angriffskrieg gewesen und das Instrument dafür war die seinem Willen gehorchende Wehrmacht“. Die Desertion aus der Hitler-Armee könne daher mit Desertion aus der Armee eines demokratischen Staates nicht verglichen werden.

Der wissenschaftliche Leiter der Tagung zum Widerstand gegen das NS-Regime, der Historiker Stefan Karner, meinte, es gehe bei der Veranstaltung darum, den „Opfern des Widerstands ein Gesicht zu geben“. Seinen Zahlen nach starben 32.600 Österreicher wegen politischer Verfolgung in Gefängnissen und im KZ. Rund 100.000 Menschen waren mindestens drei Monate in Haft. Der Historiker Wolfgang Neugebauer, bis vor kurzem Leiter des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, erklärte, praktisch habe der Widerstand gegen das NS-Regime in Österreich nur wenig zur Befreiung vom Nationalsozialismus beigetragen. Die Befreiung sei das ausschließliche Verdienst der alliierten Streitkräfte.

An der Tagung im Parlament nahmen auch ehemalige Widerstandskämpfer wie Fritz Molden oder Ludwig Steiner sowie der ehemalige slowakische Ministerpräsident Jan Carnogursky teil.

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