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WTO-Ministerkonferenz in Hongkong beginnt

Zum Auftakt der Welthandelsgespräche in Hongkong hat der Generaldirektor der WTO, Pascal Lamy, die Delegierten am Dienstag zu mehr Mut und Offenheit in den Verhandlungen aufgefordert.

Lamy begrüßte am Dienstag die Vertreter der 149 Mitgliedstaaten, die sechs Tage lang über weitere Handelserleichterungen für Agrarprodukte, Industriegüter und Dienstleistungen beraten wollen. In der Innenstadt von Hongkong kam es zu ersten Ausschreitungen.

Österreichs oberste Vertreter, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Agrarminister Josef Pröll (beide V), gehen optimistisch, aber auch kämpferisch in die Verhandlungen. Die EU habe ihr Angebot klar auf den Tisch gelegt, nun seien die anderen an der Reihe.

Pröll sieht eine „Schicksalswoche“ auf die österreichischen Bauern zukommen: „In den nächsten Tagen wird beim WTO-Gipfel in Hongkong über die Marktöffnung Europas entschieden und beim EU-Gipfel in Brüssel über den Finanzrahmen bis 2013 und damit über die Grundlagen für die Ausgleichszahlungen an die Bauern“, sagte Pröll am Rande der Eröffnung des WTO-Ministertreffens. Mit diesen beiden Dingen werde entschieden, ob die österreichische Landwirtschaft eine Zukunft habe oder nicht, so Pröll.

Ziel des sechstägigen Treffens ist es, die Grundlagen für einen neuen Welthandelsvertrag auszuarbeiten, der Ende 2006 unterschriftsreif sein soll. Der indische Handelsminister Kamal Nath sagte, es werde den WTO-Mitgliedern schwer fallen, sich auf einen Abbau der Agrarsubventionen zu einigen. Er rechne jedoch nicht mit einem Scheitern des Treffens wie vor zwei Jahren in Mexiko. Nath betonte, die Entwicklungsländer könnten nicht hinnehmen, dass die Ungerechtigkeiten im Welthandel fortgesetzt würden.

Ein Bündnis von 18 globalisierungskritischen Organisationen griff die Handelspolitik der Europäischen Union scharf an. „Die EU stellt sich gerne als die gute Supermacht dar, doch geht die Kommission in Wirklichkeit auf Schmusekurs mit ihren Großkonzernen und bedient systematisch deren Interessen“, sagte Christina Deckwirth, Referentin für Handelspolitik bei der Nichtregierungsorganisation WEED.

Der Handelsexperte Peter Hardstaff von der World Development Movement sagte: „Der gegenwärtige Druck der EU auf Entwicklungsländer, ihre Märkte für Dienstleistungen zu öffnen, spiegelt lediglich die Interessen international tätiger Unternehmen wider.“ Es sei nicht akzeptabel, dass Handelskommissar Peter Mandelson als Verhandlungsführer für alle EU-Staaten diese „einseitige Konzern-Agenda“ in den Mittelpunkt stelle.

Am Vormittag versammelten sich nahe des Tagungszentrums mehrere hundert Demonstranten aus aller Welt – darunter südkoreanische Bauern, japanische Fischer sowie Aktivisten aus Bangladesch, Indien, Brasilien und Taiwan. Eine Gruppe versuchte, eine Polizeisperre zu durchbrechen und griff die Sicherheitskräfte mit Bambusstöcken an. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Bauern und Fischer demonstrieren

Mehrere tausende Globalisierungskritiker sind am Dienstag in Hongkong zu einer Großkundgebung gegen die Welthandelsorganisation WTO aufmarschiert. Unter den Demonstranten waren auch zahlreiche Bauern aus Südkorea und Fischer aus verschiedenen südostasiatischen Ländern, die sich vom Freihandel in ihrer Existenz bedroht fühlen. Die Polizei versucht mit einem Großaufgebot, mögliche Ausschreitungen zu verhindern. Verschiedene WTO-kritische Gruppen warfen der EU vor, ihre Handelspolitik ausschließlich an den Interessen der großen Konzerne auszurichten. Die Umweltorganisation „Friends of the Earth“ kritisierte am Dienstag, dass die im Zuge der WTO-Verhandlungen geplante Liberalisierung des Handels mit Fisch und Holz eine Überfischung der Meere und eine Vernichtung der Wälder zur Folge hätte.

Die Gruppe „War on Want“ warf den Industrieländern vor, dass ihre Forderung nach einer kräftigen Senkung der Industriezölle der Entwicklungsländer dort Millionen Arbeitsplätze gefährde. Vertreter französischer Bauernorganisationen warfen der EU eine zerstörerische Agrarpolitik vor. Die demonstrierenden asiatischen Fischer waren vor der Eröffnung der sechsten WTO-Ministerkonferenz mit einem Schiff vor dem Kongresszentrum in Hongkong vorgefahren. Die südkoreanischen Bauern wollten am Dienstag auch eines Mitkämpfers gedenken, der sich während der Anti-WTO-Proteste 2003 in Cancún das Leben genommen hatte. Die Südkoreaner wehren sich gegen den Import von billigem Reis, mit dem sie nicht konkurrieren können.

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