Der letzte Pirat von Curaçao lebt in einer Höhle im Norden der Karibikinsel, gleich gegenüber vom Rollfeld des Flughafens. Er trägt einen beeindruckenden dreizackigen Hut und hat eine Augenbinde. Seine Höhle teilt er mit einem Riesen, einem Pferd und Hunderten von Fruchtfledermäusen. Leider ist der Pirat aus Stein ebenso wie das Pferd und der Riese, die man in den Höhlen zu jeder vollen Stunde besuchen kann.
Das mit den Piraten in der Karibik ist also doch wohl nur ein Gerücht. Auf Curaçao, einer der Niederländischen Antilleninseln vor der Küste Venezuelas, ging es aber schon mal ganz anders zu. In der gelben Fassade der Garnisonskirche im Fort Amsterdam der Hauptstadt Willemstad steckt noch immer eine viereinhalb Kilo schwere Kanonenkugel.
Kanonenkugeln und Schätze
Angeblich hat Kapitän Bligh sie von der Bounty aus abgeschossen. Auch einen Piratenschatz soll es auf Curaçao noch geben. Manchmal machen sich Hobbyschatzsucher in die Grotten im Westen der Insel auf. Bislang leider vergebens. Und unter Wasser hält man ebenfalls nach ein bisschen Pirat Ausschau, liegen doch einige Mehrmaster am Grund.
Die beste Schiffswrack-Geschichte ereignete sich jedoch erst 1977: Da packte eine Gruppe von besonders geschäftstüchtigen Indern jede Menge Plunder auf einen kleinen Frachter, um das große Geschäft auf einer Nachbarinsel zu machen.
Selbstbedienung anno 1977
Das Boot war so voll, dass es gleich nach dem Auslaufen vor Willemstad sank. Die Bevölkerung beteiligte sich rege an der Rettungsaktion. Doch statt die Waren an die weinenden Händler am Strand zurückzugeben, tauchten sich die Helfer Pakete mit Alkohol und Kleidung für den Eigengebrauch aus dem Wasser. Wer dort heute auf eine Einladung schreibt: wear your salty clothes, meint: Jeans willkommen als Erinnerung an die mit Salzwasser vollgesogenen Hosen von damals.
Warme Klamotten braucht auf Curaçao sowieso niemand. Hier ist es das ganze Jahr über so heiß, dass man nur im Wasser bleiben möchte, das wirklich genauso kitschig blau ist wie der mit der Insel namensverwandte Likör. Das Wasser teilt man sich mit einem kleinen Wal, der seit einigen Monaten am Jan-Thiel-Strand wohnt, und eine Bucht weiter quieken Männer und Frauen wie kleine Mädchen, wenn sie sich kurz an den Flossen der Delfine in der Dolphin Academy festhalten dürfen.
Schwimmen mit Delfinen
Insgesamt eine halbe Stunde lang paddelt die vierköpfige Gruppe mit zwei eigenen Delfinen in einem abgeschlossenen Meeresbecken und streichelt die glatte Haut der geduldigen Tiere um die Wette. Nach ein paar kleinen Kunststücken halten sich die Teilnehmer zum krönenden Abschluss an den Flossen fest und lassen sich blitzschnell durchs Wasser ziehen.
Noch einnehmender als alle Tiere ist die Sprache der Einheimischen, Papiamentu eine Mischung aus Holländisch, Spanisch und Portugiesisch. Wer Leguangulasch oder Kakteensuppe in der Markthalle bestellt, bedankt sich artig mit danki. Eine Kakerlake ist die kakalaka und die Katze heißt pushi. Wenn sie eine süße Katze ist, dann ist sie auch noch dushi. In dem schummrigen Licht von Hooks Hut, einer Hütte direkt am Strand, kommen abends wieder Piratenfantasien auf.
Nicht von den Freibeutern, die fern von hier mit winzigen Booten große Containerschiffe kapern, sondern mehr Richtung Kinderfasching. Denn irgendwie haben es die Piraten dann doch geschafft, sich auf der Insel mit ihrer Abenteuer-Folklore breitzumachen: Auf dem Dach des Restaurants weht eine Fahne mit Totenkopfmotiv, die Crews der Ausflugsboote tragen Totenköpfe auf ihren T-Shirts und in den Souvenirläden von Willemstad verkaufen sich Kühlschrankmagnete mit Piratenkopf hervorragend.
Die heutigen Abenteuer
Aber gerade weil heute auf Curaçao alles so wunderbar friedlich ist, muss man sich schon etwas einfallen lassen für ein bisschen Abenteuer.
Dafür kann man sich entweder in die Höhle neben den Stein-Piraten stellen und darauf warten, dass der Reiseführer als kurze Showeinlage das Licht ausmacht. Oder aber man geht nachts im Meer schnorcheln. Und zwar genau dann, wenn der Fang des Tages in Hooks Hut tribon Haifisch ist. Na, danki!
Ein sehr buntes Völkergemisch lebt auf Curaçao
Völkergemisch. Die Bevölkerung Curaçaos setzt sich aus einer bunten Mischung verschiedener Völker zusammen. Die meisten sind Nachkommen ehemaliger afrikanischer Sklaven. Mit nur sechs Prozent stellen weiße Niederländer eine kleine Minderheit dar. Von den ursprünglichen Einwohnern, den Arawak-Indianern, leben heute nur noch sehr wenige auf der Insel.
444
Quadratkilometer ist Curaçao groß und die größte Insel der Niederländischen Antillen. Voraussichtlich dieses Jahr wird dieser Landesverband aufgelöst. Dann wird Curaçao ein eigenständiges Bundesland innerhalb des Königreiches der Niederlande, neben den Niederlanden, Aruba und Sint Maarten. Dies wurde bei einer Volksabstimmung 2005 vereinbart.
Aruba, Bonaire und Curaçao die ABC-Inseln
ABC-Inseln. Die Insel liegt etwa 60 Kilometer vor dem Festland (nördlich von Venezuela, nordöstlich von Kolumbien). Westlich von Curaçao befindet sich die Insel Aruba, die bis 1986 ebenfalls zu den Niederländischen Antillen gehörte, östlich liegt Bonaire. Die drei Eilande werden auf Grund ihrer Anfangsbuchstaben zusammengefasst auch als ABC-Inseln bezeichnet.
Genüsslich schnorcheln rund um Klein-Curaçao
Schnorcheln. Für einen ganz speziellen Spaß im Wasser fahren einmal täglich ein paar Ausflugsboote auf die Nachbarinsel Klein-Curaçao. Sie ist unbewohnt und bis auf einen alten Leuchtturm und ein gestrandetes und verrostetes Frachtschiff völlig leer. Die Besucher der Insel sind ebenfalls nur ganz selten zu sehen; nur die Schnorchelrohre und Flossenspitzen an der Wasseroberfläche verraten, wer gerade hinter einem besonders schönen Fisch oder einer Meeresschildkröte her ist.
Eine eigene Piratenflotte
Piraten. Als im 17. und 18. Jahrhundert ganze Piratenhorden in der Karibik wüteten, wurde Curaçao jedoch kaum überfallen. Die holländischen Besatzer hatten nämlich eine gute Idee: Sie mieteten sich ihre eigenen Piraten. Die wurden beauftragt, jedes Schiff ob spanisch, französisch oder britisch vor den Inselkuppen zu kapern und die Schätze an Land zu bringen. Dabei haben die Freibeuter auch mal an einem Tag Silber klargemacht, das heute 2,8 Millionen Euro wert wäre.
Frisch renoviert und bereit
Hotel. Ein heruntergekommenes Stadtviertel von Willemstad wurde aufgekauft und renoviert heute sind in den kleinen Häusern die Zimmer des Hotels Kurá Hulanda zu finden.
Kolonialarchitektur in der Altstadt
Altstadt. Willemstad, die monumentale Altstadt mit vielen historischen Gebäude der niederländischen Kolonialarchitektur, ist von der UNESCO 1997 zum Weltkulturerbe erklärt worden.
Reiseinfos
Anreise: Vom Flughafen Hato aus bestehen tägliche Direktverbindungen nach Amsterdam, Miami, Sint Maarten, verschiedenen Karibikinseln sowie nach Venezuela und Kolumbien. Die KLM fliegt täglich mit einer Boeing 747 von Amsterdam nach Curaçao.
Tipps: In jedem Hotel oder im Tourist Office liegt das k-pasa-Book. Dort erfährt man bis ins Detail, was jede Woche auf Curaçao los ist. Infos im Internet: www.k-pasa.com.
Währung: Offizielle Währung ist der Niederländische-Antillen-Gulden, bezahlt werden kann in der Regel auch mit dem US-Dollar. Oft wird auch der Euro akzeptiert.
Saison: Das ganze Jahr über wegen der Nähe zum südamerikanischen Kontinent bleiben die Niederländischen Antillen von Hurrikans verschont.
Sprache: Niederländisch ist Amtssprache, Papiamentu ist ebenfalls eine offizielle Sprache viele sprechen auch Englisch und Spanisch.
Weitere Informationen: Im Internet unter www.curacao.com, www.curacao.de.
Unterkunft-Tipp: Hotel Kurá Hulanda, Tel. 005999 4347700, Internet www.kurahulanda.com, DZ ab ca. 120 Euro.
Ausflüge nach Klein-Curaçao: zum Beispiel mit Miss Ann Boattrips, Tel. 005999/7671579;
Schwimmen mit Delfinen: Delfin-Akademie bei Willemstad, www.dolphin-academy.com.