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Wo ist Michael Ludwig?

Wo bleibt Michael Ludwig? In der Coronapolitik meldet sich der Wiener Stadtchef schon länger nicht mehr zu Wort.
Wo bleibt Michael Ludwig? In der Coronapolitik meldet sich der Wiener Stadtchef schon länger nicht mehr zu Wort. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Bürgermeister hat sich zuletzt rar gemacht in der Coronapolitik. Dabei hätte er mehr denn je zu erklären. Nicht nur zur Impfung.

Im vergangenen Herbst wurde der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu den Superstars der österreichischen Politik gezählt. Zumindest von all jenen, die entschlossenes Handeln in der Corona-Pandemie wünschen. Beschränkungen, um das Infektionsgeschehen einzudämmen, inklusive. Von PCR-Tests gar nicht zu reden. Während andere Landeshauptleute davon träumten, dass alles vorbei ist, blieb Ludwig zurückhaltend. Das schien sich bezahlt zu machen: Epidemiologisch ist Wien so gut durch die Delta-Welle gekommen wie kaum ein anderes Bundesland.

Jetzt zieht Omikron durch die Republik und vieles ist neu: Die Infektionszahlen sind extrem hoch, aber Ludwig macht sich rar. Er verkündet keinen Lockdown. Das ist grundsätzlich gut so: Die Spitäler sind nicht überfüllt und dabei dürfte es in absehbarer Zeit auch bleiben, wie das Prognosekonsortium des Gesundheitsministeriums meint. Diese Virus-Variante scheint eben zu ungleich milderen Erkrankungsverläufen zu führen als bisherige. Das ist einerseits erfreulich, wirft anderseits aber Fragen auf: Wozu ist dann noch eine Impfung, ja eine Impfpflicht nötig? Warum werden nicht gleich alle Coronaregeln aufgehoben? Aufgabe der Politik wäre es, das zu erklären.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) tun sich schwer damit. Ihre Ausführungen auf Pressekonferenzen wirken eher nur wie vom Blatt gelesene Verlautbarungen. Ludwig ist zwar auch kein großer Redner, im bisherigen Verlauf der Pandemie hat er es aber geschafft, seine Entscheidungen so gut zu begründen, dass eine gefühlte Mehrheit der Bevölkerung fand, dass sie richtig sind.

Worum geht’s jetzt? Es sickert der Eindruck, dass man es auf eine Durchseuchung hinauslaufen lässt. Das könnte dazu führen, dass sich immer mehr Menschen denken, es sei ohnehin alles egal, Corona sei wie eine ganz gewöhnliche Grippe. Das verleitet zu einer Rückkehr zu gewohnter „Normalität“ ohne Maske, Hände waschen, lüften und Abstand halten; ja, es ist dazu angetan, die Impfbereitschaft bei einem verbleibenden Teil der Gesellschaft klein zu halten.

Die Impfpflicht passt schon gar nicht zu den wahrgenommenen Umständen. Aufgabe von Leuten wie Ludwig wäre es, diesen Widerspruch aufzulösen. Das ist schwer, aber möglich: Im Moment ist es ein Glück, dass Omikron zwar viele Neuinfektionen, aber wenig Intensivpatienten mit sich bringt; dass Erkrankungen meist nur zu ein paar Tagen auf dem Sofa führen.

Man muss jedoch aufpassen: In der Masse kann’s noch immer viel zu viele erwischen, bei denen das schwerwiegendere Folgen hat – von Dienstausfällen bei Ärzten bis zu größeren Leiden bei älteren und anderen Menschen, die schon geschwächt sind. Außerdem sollte man darauf gefasst sein, dass eines Tages wieder bedrohlichere Varianten daherkommen könnten, es also im Hinblick darauf wichtig ist, geimpft zu sein.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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