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Wladimir Putin wird 60

Russlands Präsident Vladimir Putin.
Russlands Präsident Vladimir Putin. ©EPA
Wäre Wladimir Wladimirowitsch Putin ein durchschnittlicher russischer Mann, wäre er bereits tot. Die Lebenserwartung für Männer in Russland liegt bei durchschnittlich 59 Jahren und ist damit im europäischen Vergleich die niedrigste, jeder zweite Mann des Riesenreichs stirbt laut Statistik an den Folgen seines Alkoholmissbrauchs.

So kann der mächtige Präsident aber am Sonntag (7. Oktober) seinen 60. Geburtstag feiern. Und sein Geburtstagsgeschenk hat er sich auch bereits selbst bereitet: Nach seinem Wahlsieg bei der Präsidentenwahl Anfang März vergoss Putin Tränen. Der Wermutstropfen dabei: Die Wahl war von heftigen Protesten begleiteten, der Sieg umstrittenen.

Putins Beliebtheit sinkt

Während laut dem Moskauer Meinungsforschungsinstitut WZIOM 2002 noch 79 Prozent der Russen eine “vorwiegend positive” Wahrnehmung von Präsidenten hatten, waren es heuer nur noch 59 Prozent. Laut dem Politologen Dmitri Orlow hat Putin, der auf bald neun Jahre Präsidentschaft und fünf Jahre als Ministerpräsident zurückblicken kann, beim Volk den Nimbus als Heilsbringer verloren.
Deutlichen Gegenwind bekam der Machtmensch erstmals bei der Dumawahl im vergangenen Jahr zu spüren, die wegen Fälschungsvorwürfen von Straßenprotesten Zehntausender begleitet war. Ohne dass es diese ein einziger Experte vorausgesagt hätte, zeigte sich der wachsende russische Mittelstand erwacht und forderte erstmals lautstark seine Bürgerrechte ein.

Repressionen gegen Bevölkerung

Putin reagierte auf die Proteste mit Repression: In den ersten 100 Tagen Amtszeit seiner dritten Präsidentschaft erließ er ein neues Versammlungsgesetz, schränkte die Freiheit von NGOs ein, schaffte die Möglichkeit, Internetseiten sperren zu lassen und erließ auch Journalisten eine Art Maulkorb durch ein neues Verleumdungsgesetz. Verstöße gegen jedes dieser Gesetze werden mit hohen Geldstrafen oder sogar Haft geahndet.

Putin gibt den starken Mann

Putin lebte stets das Image des starken Mannes, der Stabilität schafft. Doch wer ist der Mann mit dem ewig strengen Blick, der mit seinen rund 1,70 Metern Körpergröße nicht zu den größten gehört? Der nach einem Zerwürfnis im Londoner Exil lebende Oligarch Boris Beresowski soll Putin 1999 als “schwach, aber sehr vertrauensvoll” für das Amt des Ministerpräsidenten und potenziellen Nachfolger das damaligen Präsidenten Boris Jelzin ausgewählt haben. Doch schon damals sollen St. Petersburger Zeitgenossen gewarnt haben: “Sind die (die Putin ins Amt getragen haben, Anm.) verrückt, er wird sie verschlingen”, meinte der russische Politologe Mark Urnov bei einem Wien-Besuch.

Agent und “Hooligan”

Putin wollte immer ein Kämpfer sein. “Ich war ein Hooligan, kein Pionier”, soll er selbst einmal gesagt haben. Er soll als Bub Prügeleien mit Gleichaltrigen gesucht haben. Eine Ausbildung im Kampfsport, nachdem er mit Boxen begonnen hatte, krönte er mit dem Schwarzen Gürtel im Judo. Auch den Wunsch nach einer Agententätigkeit, die er nach einem Jus-Studium auch einschlug, soll er schon früh gehegt haben. 17 Jahre war Putin im sowjetischen Geheimdienst KGB und von 1985 bis 1990 als Agent in der damaligen DDR stationiert, weshalb er auch Deutsch spricht. Die jüngere von zwei Töchtern Putins mit seiner Frau Ljudmila, wurde in Dresden geboren.

Putins Werdegang

Nach dem Zerfall der Sowjetunion arbeitete Putin unter dem Reformer Anatoli Sobtschak im St. Petersburger Rathaus. Dann stieg er in Moskau innerhalb von drei Jahren vom Kreml-Beamten über die Leitung des Inlandsgeheimdienstes FSB bis zum Ministerpräsidenten auf. Jelzin machte ihn zu seinem Nachfolger, zwei gewonnene Präsidentenwahlen folgten, bis ihn die Verfassung zu einer Amtspause zwang. Strategisch wählte Putin den absolut loyalen Dmitri Medwedew als “Platzhalter-Präsident” und ließ sich selbst von ihm zum Regierungschef ernennen – und noch nie sollte der Regierungschef in Russland so mächtig sein wie unter Putin -, bis er im Mai dieses Jahres zum dritten Mal ins Präsidentenamt zurückkehrte. Putin wurde am 7. Oktober 1952 in St. Petersburg (damals Leningrad) in einfachen Verhältnisse geboren, die Wohnung musste mit anderen geteilt werden. Wenn er wütend wird, soll Putin gelegentlich in den Jargon seiner Jugendzeit verfallen. Den tschetschenischen Rebellen beispielsweise drohte er, sie bis auf die “Latrine zu verfolgen und dort kaltzumachen”. Später folgten zwei Tschetschenien-Kriege.

Nur Stalin und Zaren waren länger an der Macht

Die Mehrheit der Russen wählt Putin jedoch, weil er für Stabilität steht. Nach den unruhigen Jahren des Umbruchs erschien Putin vielen seiner Landsleute als absoluter Glücksfall. Er lenkte das Land mit harter aber klarer Linie und prägte auch im Ausland das Bild eines mächtigen Russland. Bis heute steht die Mehrheit der Russen dafür dankbar hinter ihm.
Wenn die Russen “mitspielen” und ihn in sechs Jahren wiederwählen, kann er bis 2024 im Präsidentenamt bleiben. Dann wäre er mit Ausnahme des sowjetischen Diktators Josef Stalin der am längsten amtierende Herrscher seit der Zarenzeit.

(APA)

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