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Wissenschafter kritisieren "beschämende" Zelt-Quartiere

Migrationsforscher in Österreich kritisieren in einem Offenen Brief die "beschämenden" Zelt-Quartiere für Geflüchtete.
Migrationsforscher in Österreich kritisieren in einem Offenen Brief die "beschämenden" Zelt-Quartiere für Geflüchtete. ©APA/ZEITUNGSFOT.AT/DANIEL LIEBL (Sujet)
Am Freitag haben Wissenschafter in einem Offenen Brief an Bundesregierung und Landeshauptleute die aktuelle Debatte um Flüchtlinge in Österreich kritisiert.
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Es sei laut den Migrationsforschern "erschütternd und beschämend", dass zu Beginn der kalten Jahreszeit Schutzsuchende wieder in Zelten untergebracht werden sollen, heißt es in dem von über 50 Wissenschaftern verschiedenster Fachrichtungen unterstützten Schreiben der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie (ÖGS).

Wissenschafter üben Kritik an "beschämendem" Zelt-Quartieren

Kritik üben sie auch an der Argumentation von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), dass lediglich junge Männer aus Herkunftsländern wie Indien, Marokko und Tunesien in den Zelten untergebracht würden, die praktisch keine Chance auf Asyl hätten. "Ob jemand 'Chance auf Asyl' hat, darf nicht dafür ausschlaggebend sein, ob diese Person menschenwürdig behandelt wird oder nicht." Es sei auch nicht Entscheidung des Innenministers, wie ein Asylverfahren ausgeht, betonen die Vertreter der ÖGS-Sektion Migrations- und Rassismusforschung in ihrem Schreiben, das etwa von den Migrationsforschern Judith Kohlenberger und Rainer Bauböck, Politikwissenschafterin Monika Mokre und Linguistin Ruth Wodak unterzeichnet ist.

Kritik an der Argumentation zu Asyl von Innenminister Gerhard Karner

Herkunft, Geschlecht und Alter seien irrelevant, wenn es um die Bereitstellung einer sicheren Unterkunft gehe, wird in dem Schreiben betont. "In Österreich sind genügend Ressourcen vorhanden, damit niemand eine solche Unterbringung 'aushalten' muss. Es ist politisch und gesellschaftlich inakzeptabel, dass die Verantwortlichen in einigen Bundesländern nicht genügend und geeignete Quartiere für Asylwerber*innen zur Verfügung stellen, es ist ein Ignorieren der Gesetze, dass die Aufnahmequote nicht erfüllt wird", so die Forscher. Sie fordern auch, dass Land und Bund die Wahrung von Menschenwürde und Menschenrechte vor machtpolitische Abwägungen stellen.

Kritik an "einseitiger Darstellung von Statistiken über Asylanträge"

Sie kritisieren außerdem eine "einseitige Darstellung und Instrumentalisierung von Statistiken über Asylanträge". Als Beispiel nennen sie Anträge aus Indien, bei denen es zwar einen starken Anstieg gab: Im September 2022 hätten rund 11.500 Inder einen Asylantrag gestellt, aber nur 741 davon seien in Grundversorgung gewesen, weil viele kurz nach Antragsstellung weiterreisen würden.

Wissenschafter fordern Diskussionskultur über Asyl

Die Wissenschafter fordern die Ermöglichung einer Diskussionskultur, "in der die Rechte und Bedürfnisse jener Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten, im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen und nicht aus machtpolitischen Überlegungen Menschen per se als Sicherheitsrisiko dargestellt und so Ängste in der Bevölkerung geschürt werden".

(APA/Red)

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