Wirtschaftskammer Vorarlberg warnt: Bürokratie kostet Unternehmen Millionen

Die Standortkonferenz der Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) brachte über 300 Gäste aus Wirtschaft und Politik im Firmament Rankweil zusammen.
Unter der Leitung von WKV-Präsident Karlheinz Kopf wurde über die wirtschaftlichen Herausforderungen der Region und notwendige Maßnahmen zur Stärkung des Standortes diskutiert.
Wirtschaft unter Druck: Herausforderungen und Forderungen
WKV-Präsident Kopf machte in seiner Eröffnungsrede auf die aktuellen Belastungen für Vorarlbergs Wirtschaft aufmerksam: „Steigende Energiepreise, geringe Produktivitätszuwächse, hohe Zinsen, Investitionszurückhaltung, Bürokratie, Fachkräftemangel und eine abnehmende Leistungsbereitschaft setzen die Wirtschaft unter Druck.“ Besonders betroffen sei die exportorientierte Sachgüterproduktion, die unter einer anhaltenden Rezession leide.
Um dem entgegenzuwirken, forderte Kopf eine offensive Wirtschafts- und Standortpolitik. Die wirtschaftspolitische Agenda „Perspektiven für Wachstum und Wohlstand“ der WKV solle maßgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Zudem betonte er die Rolle der neuen Landesregierung: „Unsere Betriebe brauchen Planbarkeit, weniger bürokratische Hürden und gezielte Investitionen in Infrastruktur, Innovation und Bildung. Es ist an der Zeit, mutige Entscheidungen zu treffen – für ein starkes, wettbewerbsfähiges und zukunftssicheres Vorarlberg.“ Künftig soll die Standortkonferenz jährlich stattfinden, um gesetzte Ziele zu überprüfen.
Landesregierung setzt auf Fachkräfteförderung und Steuerentlastung
Wirtschaftslandesrat Marco Tittler unterstrich die Prioritäten der Landesregierung, den Wirtschaftsstandort zu stärken. „Mit mehr als 50 Millionen Euro für den Arbeitsmarkt setzen wir gezielt Maßnahmen, um den Fachkräftebedarf zu decken,“ erklärte Tittler. Neben der Förderung der dualen Ausbildung seien auch steuerliche Erleichterungen erforderlich: „Die Steuerfreiheit für Überstunden und eine attraktivere Regelung für Arbeiten im Alter wären wichtige Anreize für mehr Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit.“ Zusätzlich müsse in Infrastruktur und Mobilität investiert werden, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern.
Infrastruktur als Schlüssel für wirtschaftliche Entwicklung
Ein zentrales Thema der Standortkonferenz war die Bedeutung einer modernen Infrastruktur. Unternehmer Wolfram Senger-Weiss kritisierte die Verkehrssituation scharf: „Ein Armutszeugnis – S18. Seit Jahrzehnten ungelöst, man versucht eher, Verkehr zu verhindern, statt zu entwickeln.“ Die klare Forderung: Ein integriertes Verkehrskonzept, das Straße und Schiene gleichwertig behandelt.
Fotos: Matthias Rhomberg
Landesstatthalter Christof Bitschi zeigte sich optimistisch: „Bezüglich S18 bin ich guter Dinge, dass es jetzt endlich etwas weitergeht.“ WKV-Vizepräsidentin Petra Kreuzer betonte zudem die Notwendigkeit eines Funktionsflächenkonzepts, um wirtschaftlich relevante Flächen strategisch zu nutzen. Auch die Kinderbetreuung wurde als Standortfaktor hervorgehoben, um Fachkräfte rasch wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Bürokratie als Wachstumsbremse
Die zunehmende Regulierung stellte ein weiteres Kernthema dar. Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria, machte die Dimension deutlich: „Zwischen 2019 und 2023 wurden 13.000 neue EU-Vorgaben verabschiedet – in Österreich häufig noch strenger umgesetzt als nötig (Gold-Plating).“ Dies koste Unternehmen bis zu drei Prozent des Gesamtumsatzes. Landesrat Daniel Allgäuer verwies auf die geplante Bürokratie-Abbaustelle, während WKV-Vizepräsident Edi Fischer drastisch formulierte: „In den USA wird innoviert, in China gearbeitet, während in Europa reguliert wird.“
Bildung als Fundament für den Arbeitsmarkt
Thomas Mayr, Bildungsexperte, mahnte zur Verbesserung des Schulsystems: „Österreich hat eines der teuersten Schulsysteme Europas, dennoch haben 25 Prozent der Jugendlichen massive Defizite beim sinnerfassenden Lesen, Schreiben und Rechnen.“ Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink forderte daher mehr Aufmerksamkeit für die Lehre als Karriereweg und eine evidenzbasierte Bildungspolitik. AMS-Landesgeschäftsführer Bernhard Bereuter sah mehr Unterstützung für Quereinsteiger und unqualifizierte Arbeitskräfte als entscheidend an.
Innovationskraft steigern: Mehr Forschungsgelder für Vorarlberg
Im abschließenden Panel stand das Thema Innovation im Fokus. Förderexpertin Gerlinde Pöchhacker-Tröscher wies auf die gravierende Unterfinanzierung in Vorarlberg hin: „Die Region lukriert nur 0,13 Prozent der nationalen F&E-Mittel – das ist viel zu wenig.“ Ihr Ziel: „120 Millionen Euro müssen das Ziel sein.“ Wirtschaftslandesrat Tittler betonte, dass Vorarlberg bei den Forschungsförderungen nicht benachteiligt werden dürfe. Unternehmer Thomas Lorünser machte klar: „Innovation ohne Kooperation ist nicht möglich.“
(VOL.AT)