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Wirbel vor Fußball-WM

Eine Warnung vor rassistischen Übergriffen in Berlin und Teilen Brandenburgs hat kurz vor der Fußball-WM eine scharfe Kontroverse ausgelöst. Umgebaute Polizeigaragen fungieren als Sammelstelle für WM-Hooligans.

Der frühere Sprecher der Bundesregierung und ehemalige Diplomat Uwe-Karsten Heye riet am Mittwoch in einem Rundfunk-Interview afrikanischen Besuchern der Weltmeisterschaft in Deutschland (9. Juni bis 9. Juli), bestimmte Gegenden in Berlin und Brandenburg zu meiden. „Es gibt kleine und mittlere Städte in Brandenburg und anderswo, wo ich keinem, der eine andere Hautfarbe hat, raten würde, hinzugehen“, sagte Heye. „Er würde sie möglicherweise lebend nicht mehr verlassen.“ Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck reagierte empört. Er nannte dies „eine Verunglimpfung ganzer Regionen in Brandenburg, die durch nichts zu rechtfertigen ist“. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm sprach von einer „unglaublichen Entgleisung“.

Angesichts der heftigen Reaktionen unterstrich Heye in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Mir ging es überhaupt nicht darum, Brandenburgs Bemühungen gegen Rechts nicht zur Kenntnis zu nehmen. Ich wollte Brandenburg überhaupt nicht stigmatisieren.“ Es müsse sich aber die Mehrheit der Gesellschaft gegen solche Zustände zur Wehr setzen. „Diese Mehrheits-Gesellschaft besteht aber unter anderem aus Politikern, die nichts lieber tun, als jeden Vorfall zu bagatellisieren, klein zu reden und zurückzuweisen, dass es sich überhaupt um einen Vorgang mit rassistischem Hintergrund handelt“, sagte Heye. „Diese Bagatellisierungen machen mich zornig“. Der frühere Regierungssprecher Heye ist Vorsitzender eines Vereins „Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland“, der im Jahr 2000 gegründet worden ist, um gegen rechte Gewalt aktiv zu werden und für ein weltoffenes Deutschland einzutreten. In dieser Funktion hatte er das Rundfunk-Interview geführt.

Unterstützung bekam Heye von Seiten des Afrikarats. Es gebe einen alltäglichen Terror gegen Schwarze in den neuen Bundesländern, „keiner von uns Schwarzen würde mit seiner Familie einen Ausflug nach Brandenburg machen“, sagte der Berliner Politologe Yonas Endrias, der auch Mitglied im Afrikarat ist, der hannoverschen „Neuen Presse“ (Donnerstagsausgabe). Viele Opfer von Übergriffen würden die Taten nicht anzeigen, u.a. aus dem Grund, dass sich die Polizei weigere, die Anzeigen aufzunehmen. „In Westdeutschland gibt es auch Rassismus, aber als Schwarzer in einem ostdeutschen Ort angegriffen zu werden ist viel wahrscheinlicher“, erklärte Endrias. Der Afrikarat, ein Dachverband von 25 Vereinen in Berlin, hatte bereits vor einigen Tagen zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte eine Warnung für bestimmte Gegenden Berlins und Brandenburgs herausgegeben.

Umgebaute Polizeigaragen als Sammelstelle für WM-Hooligans fertig

Rund drei Wochen vor dem WM-Start haben Hamburgs Ordnungshüter den Umbau von Polizeigaragen zu Hooligan-Arrestzellen fertig gestellt. Der Zellenkomplex ist Teil eines umfassenden Sicherheitskonzepts, das den reibungslosen Ablauf der Fußball-WM garantieren soll. In die vier Zellen der Gefangenensammelstelle passen insgesamt bis zu 83 Menschen.

Polizeisprecher Ralf Meyer nannte die Sammelstelle „notwendig, weil man nicht ausschließen kann, dass es bei so einer Veranstaltung zu Gewalt kommt.“ Der Umbau der ehemaligen Waschhalle für Autos kostete 300.000 Euro.

Gleich hinter dem Eingang befindet sich der Schleusenbereich. Hier sollen den Gewalttätern gefährliche Gegenstände abgenommen und ihre Personalien notiert werden. Dann geht es in eine der vier vergitterten Zellen. Zwei große Zellen bieten je 60 Quadratmeter Platz, zwei kleine Zellen je 30 Quadratmeter.

Über Nacht kriegt jeder Gefangene eine Matratze und Bettdecke. Nach dem Hamburger Polizeigesetz können „auffällige und potenziell gefährliche“ Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen werden. Nach dem Gesetz darf kein Fußball-Rowdy länger als 48 Stunden festgehalten werden. Danach kommt er gegebenenfalls in Untersuchungshaft.

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