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Wir brauchen endlich Reformen

Die Pisa-Studie weist Österreich auf einem der letzten Plätze in Sachen Bildung aus. Ein veraltetes System und beharrlich verteidigte Privilegien bei Lehrern höherer Schulen verhinderten bisher jede Reform. Geht jetzt endlich was weiter?
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Freilich seien Österreicher um keinen Deut dümmer als etwa Koreaner, Finnen oder Kanadier, versichern Experten. „Schuld an den schlechten Ergebnissen hat vor allem die frühe Selektion. Niemand kann bei einem neunjährigen Kind ernsthaft beurteilen, ob es eher handwerklich oder kognitiv talentiert ist“, erklärt Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl. Experten schlagen deshalb schon seit Jahrzehnten eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen vor. Diese Mittelschule gibt es im sogenannten „Regelschulwesen“ freilich bis heute nicht. Auch die „Neue Mittelschule“ findet zwar an 320 Standorten in ganz Österreich statt – aber nach wie vor als Schulversuch.

Lesetest bei über 32.000 Wienern

Die Pisa -Studie 2009 weist Österreich auf einem der letzten Plätze aus. 28 % Risikoschülern stehen hierzulande nur 5 % Spitzenschüler gegenüber (siehe Grafik rechts). Das bedeutet, dass fast ein Drittel Probleme hat, Texte sinnerfassend zu lesen. Die Stadt Wien – für die es keine ausreichende Detailauswertung gibt - war von diesen Zahlen alarmiert und rief über 32.000 Schüler zum „Lesetest“.

Bei jedem einzelnen Kind wird so festgestellt, wie hoch die Kompetenz beim Lesen ist. „Am 17. 6. liegen alle Auswertungen vor und zwar im Detail für jedes Kind“, so Brandsteidl. Danach werde es maßgeschneiderte Förderkurse für leseschwache Schüler geben. Diese Maßnahme der Stadt kann freilich keine grundlegende Reform des österreichischen Bildungssystems ersetzen. Noch immer scheitert eine große Reform am Widerstand der ÖVP.

Weiter nur „Njet“ der Konservativen

Zahlreiche Vorschläge und Kompromissvarianten sind in den vergangenen Jahrzehnten immer abgelehnt worden. Symbolfigur für diese Blockadepolitik ist der ÖVP-Lehrergewerkschafter Fritz Neugebauer. Auf der Strecke geblieben sind dabei die Schüler, deren Leistung im internationalen Vergleich immer weiter zurückfällt. „Österreich darf nicht sitzenbleiben“ lautet als Reaktion auf den Stillstand die Parole eines vom Industriellen Hannes Androsch initiierten Volksbegehrens. Bis 1. Juli können dafür Unterstützungserklärungen (am Magistratischen Bezirksamt) abgegeben werden. „Wir fordern mittels bundes(verfassungs)gesetzlicher Regelung ein faires, effizientes und weltoffenes Bildungssystem, das vom Kleinkind an alle Begabungen fördert und Schwächen ausgleicht“, heißt es am Beginn des Forderungskatalogs der überparteilichen Initiative, die von zahlreichen Spitzenmanagern, Organisationen, aber auch von vielen fortschrittlichen Lehrern unterstützt wird.

Infos: www.nichtsitzenbleiben.at oder telefonisch: 0800 204 400.

www.wienerbezirksblatt.at

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