Winterdienst in Wien - wer räumt, streut & haftet?
Wenn der erste Schnee in Wien fällt, stellt sich für viele die Frage: Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass Gehwege, Hauseingänge und Stiegenanlagen von Schnee und Eis befreit sind? Die Antwort ist komplexer, als man zunächst denkt – denn sie hängt davon ab, ob du Eigentümer, Vermieter oder Mieter bist. Außerdem gelten klare gesetzliche Vorgaben zu Zeiten, Methoden und Umweltauswirkungen.
Im Folgenden findest du einen umfassenden Überblick über Pflichten, Zuständigkeiten und Konsequenzen zum Winterdienst in Wien – als Quellen wurden wien.gv.at, die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und die Mietervereinigung herangezogen. Auch der Convival Immobilien Blog hat Details zu Schneeräumung & Co. zusammengefasst.
Eigentum verpflichtet zum Winterdienst
Die rechtliche Grundlage für den Winterdienst in Österreich bildet § 93 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Darin wird festgelegt, dass Grundstückseigentümer verpflichtet sind, die angrenzenden Gehsteige im Ortsgebiet von Schnee und Eis zu befreien – und zwar werktags, sonn- und feiertags jeweils zwischen 6:00 und 22:00 Uhr. Ist kein Gehsteig vorhanden, muss ein ein Meter breiter Streifen entlang des Grundstücks auf der Fahrbahn oder dem Straßenbankett geräumt und bei Glätte gestreut werden. Diese Pflicht betrifft also grundsätzlich die Eigentümer einer Liegenschaft, egal ob es sich um ein Einfamilienhaus oder ein Zinshaus handelt.
Laut wien.gv.at erstreckt sich die Räum- und Streupflicht nicht nur auf die Gehsteige, sondern auch auf andere öffentlich zugängliche Flächen des Grundstücks, wie etwa Hauseingänge, Müllplätze oder Stiegenanlagen. Dabei geht es nicht nur um Sauberkeit, sondern vor allem um Sicherheit: Ziel ist es, Unfälle durch Ausrutschen oder Stürze zu verhindern.
Kann die Pflicht übertragen werden?
Auch wenn die Eigentümer gesetzlich verpflichtet sind, bedeutet das nicht, dass sie den Winterdienst persönlich durchführen müssen. In der Praxis wird diese Pflicht häufig an professionelle Winterdienst-Firmen, Hausmeisterdienste oder – in gewissen Fällen – auch an Mieter übertragen. Wichtig ist dabei: Die Übertragung muss klar und rechtssicher erfolgen, idealerweise schriftlich und im Detail geregelt. Ein Aushang im Stiegenhaus allein reicht nicht aus.
Wird der Winterdienst an ein Unternehmen übertragen, etwa ein Hausbetreuungsunternehmen, trägt dieses im Schadensfall auch die Verantwortung – allerdings nur, wenn es sich um eine vollständige und ordnungsgemäße Übertragung handelt. Die Eigentümer haften weiterhin, wenn sie ungeeignete Personen beauftragen oder die Durchführung nicht ausreichend kontrollieren. Diese Auslegung wurde mehrfach durch den Obersten Gerichtshof bestätigt.
Es empfiehlt sich bei jeder Übertragung eine klare Leistungsbeschreibung: Welche Flächen müssen wann geräumt werden? Welche Streumittel dürfen verwendet werden? Was passiert bei Abwesenheit oder Krankheit des Beauftragten?
Das gilt für Mieter
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass Mieter automatisch für den Winterdienst verantwortlich wären. Tatsächlich ist das nur dann der Fall, wenn diese Pflicht ausdrücklich im Mietvertrag geregelt ist – und zwar schriftlich. In Mehrparteienhäusern ist dies selten der Fall. Selbst wenn ein Hausmeister vorhanden ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er für den Winterdienst zuständig ist – auch das muss vertraglich geregelt sein.
Fehlt eine solche vertragliche Vereinbarung, bleibt die Pflicht beim Vermieter bzw. Eigentümer. Und auch wenn eine Regelung im Mietvertrag enthalten ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Zum Beispiel muss der Mieter Zugang zu den notwendigen Mitteln (Schneeschaufel, Streugut) haben und die Aufgaben müssen zumutbar sein. Bei älteren oder körperlich eingeschränkten Personen ist die Pflicht ggf. nicht durchsetzbar.
Wie oft und wie gründlich muss geräumt werden?
Der Winterdienst endet nicht mit einmaligem Schneeschaufeln am Morgen. Vielmehr besteht bei anhaltendem Schneefall oder wiederkehrender Glätte die Verpflichtung, mehrmals täglich zu räumen und zu streuen. Besonders bei Eisregen kann es notwendig sein, im Stundentakt tätig zu werden. Die Straßenverkehrsordnung verlangt, dass die Flächen jederzeit sicher begehbar sein müssen – dabei gelten einheitliche Richtwerte, die jedoch immer im Kontext der konkreten Witterungsverhältnisse zu sehen sind.
Die Winterdienst-Verordnung der Stadt Wien schreibt zudem vor, dass nur geeignete, umweltverträgliche Streumittel verwendet werden dürfen. Das Streuen mit Auftausalz ist etwa in vielen Grünbereichen verboten, insbesondere in der Nähe von Bäumen und Wiesen. Die Stadt empfiehlt splittähnliche Streumittel mit Korngrößen von 2–8 mm, die nach dem Ende der Glätteperiode wieder entfernt werden müssen, um die Feinstaubbelastung gering zu halten.
Rechtliche Folgen, wenn nicht gestreut wurde
Wer seiner Winterdienstpflicht nicht nachkommt, riskiert mehr als nur verärgerte Nachbarn. Kommt es zu einem Unfall – etwa weil jemand auf einem nicht geräumten Gehsteig ausrutscht – haftet die verantwortliche Person zivilrechtlich auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das betrifft sowohl die Behandlungskosten als auch mögliche Rehabilitationsmaßnahmen und Einkommensverluste. Zusätzlich drohen Verwaltungsstrafen, wenn gegen die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung oder der Winterdienst-Verordnung verstoßen wird. Die Behörden der Stadt Wien können Geldstrafen verhängen, insbesondere wenn wiederholt oder vorsätzlich nicht geräumt oder mit nicht zugelassenen Mitteln gestreut wurde.
Wichtig: Auch bei beauftragten Dritten (z. B. Winterdienstfirma oder Mieter) bleibt der Eigentümer in der Pflicht zur Kontrolle. Wer sich komplett aus der Verantwortung zieht, ohne wirksame Delegation, kann im Ernstfall haften – mit mitunter erheblichen finanziellen Konsequenzen.
Hier geht's zu unserem Immobilien-Special.
(Red)