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Wimpertierchen als Viren-Killer - EU-Förderung für Wiener Forscher

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Wimpertierchen (Ciliaten) gehen mit Viren teilweise radikaler und möglicherweise auch effektiver um als andere Organismen inklusive des Menschen.

Am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien widmet sich deshalb eine eigene Arbeitsgruppe um den Biologen Kazufumi Mochizuki der Erforschung des Ciliaten Tetrahymena thermophila. “Ich habe bis heute keine Viren-kranke Exemplare von Tetrahymena gefunden”, erklärte dazu Mochizuki im Gespräch mit der APA. Mochizuki ist einer der ersten Stipendiaten des Europäischen Forschungsrats (ERC).

Der Japaner wurde von Josef Penninger an das IMBA geholt, er ist seit mittlerweile zwei Jahren in Wien. Er möchte mit seiner Gruppe jene molekularen Mechanismen klären, über die Tetrahymena bei jeder sexuellen Vermehrung äußerst effektiv virales Erbgut aus der eigenen DNA entfernen.

Tetrahymena weist – wie alle Wimpertierchen – schon beim Zellaufbau eine Besonderheit auf. So besitzen diese Organismen zwei unterschiedliche Zellkerne, die auch verschiedene Aufgaben übernehmen. Der kleinere, Mikronukleus genannte Kern tritt hauptsächlich bei der sexuellen Vermehrung – der sogenannten Konjugation – in Aktion, über ihn wird auch der Gen-Austausch zwischen den Sexualpartnern erledigt.

Bei der sexuellen Vermehrung passiert bei Tetrahymena aber auch ein Vorgang, der bei den Genetikern besondere Aufmerksamkeit erregt hat. So werden im Zuge der Vervielfältigung der Erbsubstanz ganz gezielt Stücke der DNA herausgeschnitten und vernichtet. Rund 15 Prozent des Genoms werden so eliminiert.

Der hauptsächliche Sinn dieses Phänomens ist – so kristallisiert sich bei den Forschungen heraus – die Abwehr von Viren. Diese schleusen nämlich immer wieder Stücke von viralem Erbgut in die DNA ihrer Wirte ein. Bei anderen Organismen – und auch beim Menschen – werden solche Einschübe zwar stillgelegt, bleiben aber vorhanden. Tetrahymena ist da radikaler, potenziell Schädliches wird vernichtet.

Was die Forscher nun besonders interessiert, sind die genauen Mechanismen, wie die fremden Einschübe von viralem Erbgut überhaupt erkannt werden. Bis heute wissen die Forscher, dass ein wichtiges Detail der Vergleich zwischen dem Erbgut des Mikronukleus und dem großen Kern, dem Makronukleus darstellt. Nach aktuellen Schätzungen von Mochizuki sind am ganzen Vorgang rund 100.000 Proteine beteiligt, bis heute sind fünf bekannt.

Letztendlich dürfte die Viren-Abwehr von Tetrahymena sehr effektiv sein. Die Wissenschafter haben daher die Hoffnung, über die Aufklärung der molekularen Mechanismen der Viren-Elimination bei den Wimpertierchen Therapiemöglichkeiten gegen Viren beim Menschen entwickeln zu können.

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